Einleitung

Der Nio ET7 ist eine 5,10 Meter lange Elektrolimousine des chinesischen Start-ups Nio, die sich im Premiumsegment positioniert und oft als Tesla-Jäger beschrieben wird. Sie beeindruckt durch ihre hohe Leistung, innovative Batterietechnologie inklusive Akku-Wechselstationen und fortgeschrittene Ansätze zum autonomen Fahren. In Deutschland ist der ET7 seit Oktober 2022 erhältlich und zielt darauf ab, den europäischen Markt mit seiner Kombination aus Luxus und Technologie zu erober.

Design & Verarbeitung

Der Nio ET7 präsentiert sich mit einem modernen und schlichten Design, das an coupéhafte Limousinen erinnert. Die fließheckartige Karosserie und der exzellente cW-Wert von 0,21 tragen zu einem schlanken und eleganten Äußeren bei. Auffallend sind die schmalen, zweigeteilten Frontlichter und die bündig versenkten Türgriffe. Die Türen sind rahmenlos und die Fenster bestehen serienmäßig aus doppeltem Isolierglas, was die hochwertige Verarbeitung unterstreicht. Insgesamt wirkt das Fahrzeug aus allen Blickwinkeln stimmig und vermittelt einen hochwertigen Eindruck.

Innenraum & Komfort

Der Innenraum des Nio ET7 ist als luxuriöse Lounge gestaltet und bietet ein großzügiges Raumgefühl. Das serienmäßige Panorama-Glasdach lässt viel Licht herein. Nio verwendet hochwertige Materialien wie weiche Lederpolster, wildlederähnliche Mikrofaser für Himmel und Holme sowie Karuun, ein nachhaltiges Material aus Rattan, für Dekorelemente. Die Luftausströmer sind geschickt im Armaturenbrett versteckt. Der Platz ist reichlich, besonders im Fond, wo Insassen üppige Beinfreiheit genießen. Allerdings ist die Kopffreiheit für Personen über 1,80 Meter im Fond durch die coupéhafte Dachlinie und den unter dem Boden liegenden Akku eingeschränkt. Der Fahrersitz ist jedoch für Größen bis 1,95 Meter ausreichend verstellbar. Im Fond gibt es ein 6,6-Zoll-Display zur Steuerung von Klima, Massage, Sitzheizung und -belüftung. Die hinteren Rücksitzlehnen sind aufgrund der Massagesitze nicht umklappbar, was das Kofferraumvolumen auf 363-370 Liter begrenzt und die Zugänglichkeit erschwert.

Infotainmentsystem

Das Infotainmentsystem des Nio ET7 wird von einem großen, feststehenden 12,8-Zoll-Zentraldisplay dominiert, das wie bei Tesla viele Fahrzeugfunktionen steuert, einschließlich des Warnblinkers. Dies kann zu Ablenkungen während der Fahrt führen. Ein kleineres 10,2-Zoll-Instrumentendisplay hinter dem Lenkrad und ein Head-up-Display ergänzen die Fahrerinformationen. Eine Smartphone-Integration via Apple CarPlay oder Android Auto ist nicht vorhanden. Ein Highlight ist der interaktive Sprachassistent Nomi, eine bewegliche Kugel auf dem Armaturenbrett. Nomi reagiert auf Sprachbefehle mit freundlicher Stimme und Gesten, kann viele Funktionen bedienen und versucht, dazuzulernen. Trotz ihrer charmanten Art und der permanenten Lernfunktion kann sie bei komplexeren Fragen oder falsch verstandenen Befehlen noch Schwierigkeiten haben. Die Menüstruktur ist nicht immer sofort intuitiv zugänglich, was die Bedienung erschwert.

Antrieb & Fahrverhalten

Der Nio ET7 wird von zwei Elektromotoren an Vorder- und Hinterachse angetrieben, was ihm Allradantrieb und eine Systemleistung von 480 kW (653 PS) und 850 Nm Drehmoment verleiht. Der Sprint von 0 auf 100 km/h gelingt in beeindruckenden 3,8 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit ist bei 200 km/h abgeregelt. Die Luftfederung bietet im Komfort-Modus ein sanftes Gleiten, leitet aber größere Unebenheiten bis zu den Insassen durch. Die Lenkung wird als indifferent und gefühllos beschrieben, was häufige Korrekturen erfordert und für europäische Geschmäcker zu viel Unterstützung bietet. Im Sportmodus wird der Lenkwiderstand erhöht und die Präzision verbessert, doch die Bremsen bleiben schwammig. Trotzdem besteht der ET7 den ADAC Ausweichtest sicher. Durch seine hohe Masse neigt er in engen Kurven zum Untersteuern.

Verbrauch & Unterhalt

Im ADAC Ecotest erzielte der Nio ET7 einen bemerkenswert niedrigen Verbrauch von 20,4 kWh/100 km (inkl. Ladeverluste), woraus sich eine Reichweite von etwa 485 Kilometern unter optimalen Bedingungen ergibt. Auto Motor und Sport ermittelte im Test einen höheren Durchschnittsverbrauch von 31,3 kWh/100 km. Nio bietet den ET7 im Direktkauf ab 69.900 Euro (ohne Akku) an, der 100-kWh-Akku kostet zusätzlich 21.000 Euro. Alternativ kann die Batterie gemietet werden (ab 169 €/Monat für 75 kWh, 289 €/Monat für 100 kWh). Die monatlichen Gesamtkosten (ohne Wertverlust) bei 15.000 km Jahresleistung belaufen sich auf ca. 394 Euro. Ein Alleinstellungsmerkmal ist das „Battery as a Service“ (BaaS)-Konzept mit Akku-Wechselstationen, die einen vollen Akku in rund fünf Minuten liefern. Die konventionelle Ladeleistung beträgt maximal 126 kW (DC), was die Ladedauer (10-80% in ca. 40 Minuten) im Vergleich zur Konkurrenz verlängert. Nio baut ein Service-Netzwerk mit Partnern in Deutschland auf und bietet für Abo-Modelle ein Rundum-sorglos-Paket an.

Sicherheit & Assistenzsysteme

Der Nio ET7 ist umfassend mit Sensorik für automatisiertes Fahren ausgestattet, darunter 33 Sensoren, elf hochauflösende Kameras, fünf Radarsysteme und ein Lidar-Auge auf dem Dach. Ein Hochleistungsrechner (Adam-Computer mit Nvidia Orin-X Prozessoren) verarbeitet immense Datenmengen. Trotz dieser fortschrittlichen Hardware zeigen die Fahrerassistenzsysteme in der Praxis noch deutliche Schwächen. Die Verkehrszeichenerkennung liefert oft falsche Geschwindigkeitslimits, die adaptive Geschwindigkeitsregelung bremst ohne ersichtlichen Grund ab, und der Lenkassistent greift teils barsch ein. Das angekündigte hochautomatisierte Fahren nach Level 3 scheint derzeit noch weit entfernt. Die Umgebungserkennung des Systems ist jedoch beeindruckend detailliert. Eine optional aktivierbare Gesichtserkennung ermöglicht personalisierte Einstellungen und Fahrzeugstart. Die maximale Anhängelast beträgt 2000 kg.

Fazit

Der Nio ET7 ist eine beeindruckende Premium-Elektrolimousine mit herausragender Leistung, einem luxuriösen und geräumigen Innenraum sowie einer innovativen Akku-Wechseltechnologie. Das Design ist elegant und die Verarbeitung auf hohem Niveau. Während die Fahrleistungen überzeugen und der Fahrkomfort dank Luftfederung hoch ist, trüben die unzuverlässigen Fahrerassistenzsysteme, die indifferente Lenkung und der kleine Kofferraum das Gesamtbild. Die digitale Bedienung über den großen Bildschirm erfordert Gewöhnung und birgt Ablenkungspotenzial, doch der Sprachassistent Nomi ist ein charmantes Feature. Das unique BaaS-Modell mit den Wechselstationen könnte ein Game Changer sein, erfordert aber den Ausbau der Infrastruktur. Insgesamt bietet der ET7 vielversprechende Technik und Luxus, muss aber im Bereich der Software-Feinabstimmung noch nachlegen, um seine vollen Ambitionen im Premiumsegment zu erfüllen.