Einleitung
Der Smart #1 markiert eine neue Ära für die Marke Smart, die sich vom Kleinstwagenhersteller zum Anbieter eines kompakten Elektro-SUVs entwickelt hat. Als Joint Venture von Mercedes-Benz und dem chinesischen Autobauer Geely tritt der #1 in einem stark umkämpften Segment an. Mit einer Länge von 4,27 Metern bewegt er sich größenmäßig im Bereich eines VW Golf oder Mini Countryman und zielt auf Käufer, die ein geräumiges, modernes Elektrofahrzeug suchen. Der #1 wurde in China gebaut, aber in Europa designt und kam 2022 auf den deutschen Markt. Er verspricht mit seiner Neuausrichtung mehr Platz und einen kräftigen Elektroantrieb, musste sich aber seitdem einigen technischen Überarbeitungen unterziehen, um seine Form zu beweisen.
Design & Verarbeitung
Das Design des Smart #1 bricht radikal mit dem Erbe seiner Vorgänger. Die äußere Gestaltung ist schnittig und aerodynamisch ansprechend, mit spitzen LED-Scheinwerfern vorn und einem durchgehenden Lichtband am Heck. Besondere Merkmale sind die bündigen Türgriffe und das „schwebende“ Dach, das ihm eine unkonventionelle, aber stilvolle Optik verleiht. Im Innenraum bleibt das Design dem 2021 vorgestellten Konzeptfahrzeug treu, mit einem flachen Lenkrad, einem kleinen Fahrerdisplay und einer schwebenden Mittelkonsole. Die Materialauswahl und Verarbeitungsqualität im Interieur werden als ansprechend und hochwertig beschrieben, was den Premium-Anspruch des Fahrzeugs unterstreicht.
Innenraum & Komfort
Der Smart #1 überrascht mit einem äußerst großzügigen Raumgefühl, das durch große Fensterflächen und ein optionales Panoramaglasdach zusätzlich verstärkt wird. Selbst großgewachsene Personen finden im Fond bemerkenswert viel Knie- und Kopffreiheit. Die Rückbank ist längs verschiebbar und im Verhältnis 60:40 teilbar, was eine hohe Flexibilität zwischen Gepäckraum und Beinfreiheit schafft – ein echtes Highlight in dieser Klasse. Das Kofferraumvolumen von 273 bis 411 Litern (Brabus: 313 Liter) ist variabel, und ein zusätzlicher 15-Liter-Frunk unter der Fronthaube bietet Platz für Ladekabel. Das Ablagenkonzept ist gut durchdacht, mit großen Türfächern und cleveren Staufächern in der Mittelkonsole. Der Geräuschkomfort ist Dank guter Dämmung hoch, Abroll- und Windgeräusche sind gut weggefiltert, was ein entspanntes Fahrerlebnis ermöglicht. Lediglich die Vordersitze werden als eher zierlich beschrieben, was kräftigere Personen als unbequem empfinden könnten.
Infotainmentsystem
Das Infotainmentsystem des Smart #1 basiert auf einem großen, frei stehenden 12,8-Zoll-Touchscreen, über den die meisten Fahrzeugfunktionen gesteuert werden. Ein Head-up-Display (10 Zoll beim Brabus serienmäßig) und ein 9,2-Zoll-Fahrerdisplay ergänzen das Anzeigenkonzept. Die Innenbeleuchtung ist ein Highlight, auffällig gestaltet und stark individualisierbar, mit bis zu 64 Farben und verschiedenen Modus-Anpassungen. Sprachbefehle und ein „Fuchs“-Avatar als intelligenter Begleiter sollen die Bedienung erleichtern. Allerdings erfordert die touchlastige Bedienung, wie die Steuerung der Klimaanlage oder der Außenspiegel über den Bildschirm, eine erhebliche Eingewöhnungszeit und kann während der Fahrt ablenken. Software-Macken, verzögerte Reaktionen des Lautstärkereglers und unlogische Menüstrukturen trüben den positiven Gesamteindruck und erfordern regelmäßige „Over-the-Air“-Updates.
Antrieb & Fahrverhalten
Der Standard-Smart #1 verfügt über einen Heckmotor mit 200 kW (272 PS) und 343 Nm Drehmoment, der eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 6,7 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h ermöglicht. Die Brabus-Version erhöht die Leistung durch einen zusätzlichen Frontmotor auf insgesamt 315 kW (428 PS) und 584 Nm, was den Sprint auf 100 km/h in beeindruckenden 3,9 Sekunden ermöglicht – inklusive Allradantrieb. Trotz dieser Leistungsentfaltung stellen die normalen Varianten kein übermäßig sportliches Fahrgefühl ein. Die Federung bietet einen guten Komfort und filtert Fahrbahnunebenheiten effektiv. Die Lenkung ist präzise, aber liefert wenig Rückmeldung. Das Bremssystem ist adäquat. Ein ESP-Update hat anfangs monierte Heckausbrüche bei Ausweichtests behoben, doch bei winterlichen Verhältnissen greift die Regelelektronik teils rigoros ein. Der One-Pedal-Modus wird als gewöhnungsbedürftig und teils unberechenbar beschrieben. Insgesamt bietet der #1 einen kräftigen Antrieb und ein komfortables, sicheres Fahrverhalten.
Verbrauch & Unterhalt
Der Smart #1 ist mit einer 66 kWh (brutto) großen Batterie ausgestattet, von der netto 62 kWh nutzbar sind. Die WLTP-Reichweite variiert zwischen 400 und 440 Kilometern (Brabus: 400 km). Im realen ADAC-Praxistest erreichte der Smart #1 eine Reichweite von 280 bis 400 Kilometern, abhängig von Fahrweise und Außentemperatur; Autobahnfahrten oder kalte Temperaturen reduzieren die Reichweite signifikant (oft auf unter 300 km). Der durchschnittliche Testverbrauch lag zwischen 17,8 kWh/100 km (sommers) und 21,9–24 kWh/100 km (winters auf BAB). Der Smart #1 lädt an AC-Säulen mit bis zu 22 kW, was eine Vollladung in drei Stunden ermöglicht. DC-Schnellladen ist mit bis zu 150 kW möglich, wobei die Ladekurve nach kurzer Zeit abfällt und die Spitzenleistung bei niedrigem Batteriestand nicht immer erreicht wird, insbesondere ohne Vorkonditionierung des Akkus. Die Preise starten bei 37.840 € (Smart #1 Pure), die Brabus-Variante kostet ab 48.990 €. Ein integriertes Servicepaket umfasst eine dreijährige Garantie (oder 45.000 km) inklusive Wartung und Verschleißteilen sowie eine Pannenhilfe für bis zu acht Jahre. Die Versicherungskosten sind im Mittelfeld angesiedelt, wobei die Brabus-Version höhere Einstufungen hat. Öffentliches Laden wird als teuer empfunden.
Sicherheit & Assistenzsysteme
Im Euro NCAP Crashtest hat der Smart #1 die maximale Bewertung von fünf Sternen erhalten. Besonders positiv wurden der Schutz von erwachsenen Insassen (96 Prozent) und Kinderinsassen (88 Prozent) hervorgehoben. Beim Fußgängerschutz erreichte er 71 Prozent. Die Sicherheitsunterstützung erzielte 88 Prozent, wobei die Insassenzustandsüberwachung und der Spurhalteassistent gut abschnitten. Kritisiert wurden jedoch leichte Abzüge beim Notbremssystem und eine nur durchschnittliche Bewertung für die Geschwindigkeitsassistenz. Einige Assistenzsysteme, insbesondere der Tempowarner, die Verkehrszeichenerkennung und der Spurhalteassistent, werden oft als unzuverlässig und mit aufdringlichen Warnmeldungen beschrieben, die den Fahrer ablenken können. Trotz Verbesserungen durch Software-Updates bleibt hier Optimierungsbedarf. Features wie der adaptive Tempomat, Toter-Winkel-Assistent und eine 360-Grad-Kamera tragen jedoch zur umfassenden Sicherheitsausstattung bei.
Fazit
Der Smart #1 ist zweifellos ein starker Kandidat im Elektro-SUV-Segment und hat im ADAC-Test eine Gesamtnote von 1,9 erzielt. Er überzeugt mit einem ansprechenden Design, einem überraschend geräumigen und hochwertigen Innenraum, hohem Fahrkomfort und einem kräftigen Elektromotor. Die flexible Rückbank und das 22-kW-AC-Laden sind klare Pluspunkte. Allerdings trüben das ablenkungsintensive Bedienkonzept über den Touchscreen und die noch nicht vollständig ausgereiften Software-Lösungen, insbesondere bei den Assistenzsystemen, den Gesamteindruck. Auch der reale Verbrauch auf der Autobahn sowie die damit verbundene Reichweite können bei widrigen Umständen hinter den Erwartungen zurückbleiben. Trotz dieser Kritikpunkte ist der Smart #1 ein gelungenes Fahrzeug, das viel Fahrspaß bietet. Die Marke Smart, nun unter der Führung von Mercedes-Benz und Geely, hat mit dem #1 ein neues Kapitel aufgeschlagen, welches das Potenzial hat, viele Kaufinteressenten zu überzeugen, sofern die Software-Macken weiter konsequent behoben werden.