Einleitung
Der Mercedes-Benz EQE reiht sich als vollelektrische Limousine prominent in die wachsende EQ-Modellpalette ein. Mit seinen knapp fünf Metern Länge positioniert er sich als elektrisches Pendant zur E-Klasse und leitet viele seiner technischen Finessen vom größeren Topmodell EQS ab. Er überzeugt mit einem futuristischen Erscheinungsbild und setzt auf fortschrittliche Elektromobilität. Trotz seiner Nähe zum EQS ist der EQE mit einem Einstiegspreis ab ca. 70.000 Euro etwas zugänglicher, bleibt aber im oberen Preissegment angesiedelt.
Design & Verarbeitung
Optisch folgt der EQE dem markanten „One-Bow-Design“ seiner EQ-Geschwister, insbesondere dem EQS, dem er zum Verwechseln ähnlich sieht. Unterschiede finden sich in Details: Während der EQS eine Fließheckklappe besitzt, verfügt der EQE über ein klassisches Stufenheck mit separatem Kofferraumdeckel. An der Front fehlt dem EQE die durchgehende Lichtleiste des EQS. Die Seitenansicht wirkt mit breiter ausgestellten Kotflügeln etwas sportlicher. Die Verarbeitungsqualität ist Mercedes-typisch auf hohem Niveau, auch wenn vereinzelte Kritiken wie minimale Spaltmaße oder die Verwendung von Hartplastik an Türtafeln im Vergleich zum Preisniveau erwähnt werden.
Innenraum & Komfort
Der Innenraum des EQE bietet dank des langen Radstands von 3,12 Metern und des „Cab-forward-Designs“ großzügige Platzverhältnisse, besonders im Fond. Die Beinfreiheit ist opulent; die Kopffreiheit kann durch die coupéhafte Dachlinie für Personen über 1,85 Meter etwas eingeschränkt sein, wird aber durch ein weit bis zum Heck gezogenes Panoramadach optimiert. Der Einstieg gestaltet sich dank der erhöhten Sitzposition, bedingt durch den im Fahrzeugboden integrierten Akku, sehr bequem. Der Geräuschkomfort ist herausragend, unter anderem dank Akustik-Schaum in Hohlräumen und speziellen Dichtungen, was den EQE himmlisch leise macht. Ablagemöglichkeiten sind reichlich vorhanden. Das Kofferraumvolumen ist mit 430 Litern (Carwow/AutoMotorSport) bzw. 380 Litern (ADAC) leicht unterdurchschnittlich für die obere Mittelklasse und ein „Frunk“ unter der Fronthaube fehlt zugunsten eines HEPA-Filters.
Infotainmentsystem
Das Cockpit beeindruckt serienmäßig mit zwei Bildschirmen – einem hinter dem Lenkrad und einem zentralen 12,8-Zoll-OLED-Display. Optional ist der 1,41 Meter breite „Hyperscreen“ erhältlich, der einen dritten Bildschirm für den Beifahrer integriert. Das MBUX-Infotainmentsystem der neuesten Generation ist auf Elektroautos zugeschnitten und bietet eine „elektrische Intelligenz“ für die Routenplanung, die Ladestopps und Ladekosten berücksichtigt. Die Sprachsteuerung funktioniert sehr gut. Kritikpunkte sind die teils überfrachteten Bedienelemente am Multifunktionslenkrad und an den Türtafeln sowie das Risiko der Ablenkung durch die Vielzahl an digitalen Anzeigen und verschachtelten Menüs. Die Beifahrer-Bildschirmnutzung wird via Eyetracking überwacht.
Antrieb & Fahrverhalten
Der EQE ist in verschiedenen Motorisierungen erhältlich. Das Basismodell EQE 350+ mit 215 kW (292 PS) und 565 Nm Drehmoment (Hinterradantrieb) bietet bereits einen ordentlichen Vortrieb (0-100 km/h in 6,4s) und eine Höchstgeschwindigkeit von 210 km/h. Die AMG-Varianten EQE 43 (350 kW/476 PS) und EQE 53 (bis zu 460 kW/687 PS) mit Allradantrieb liefern noch bulligere Beschleunigungswerte (bis zu 3,3s für den 0-100 km/h-Sprint). Das Fahrverhalten ist geprägt von hohem Komfort, insbesondere mit der optionalen Luftfederung, die Unebenheiten effektiv wegbügelt. Die optionale Hinterachslenkung macht den knapp fünf Meter langen EQE überraschend agil und wendig (Wendekreis 10,6 m), bei gleichzeitig erstklassiger Fahrstabilität auch bei hohem Tempo. Die Bremse wird jedoch von Testern als schlecht dosierbar kritisiert, hier gibt es Verbesserungspotenzial. Auch die intelligente Rekuperation trägt zur Effizienz bei, kann aber anfangs gewöhnungsbedürftig sein.
Verbrauch & Unterhalt
Die Reichweite des EQE 350+ wird nach WLTP mit bis zu 654 Kilometern angegeben. Im praxisnäheren ADAC Ecotest erzielte der EQE 350 eine Reichweite von 530 Kilometern. Der durchschnittliche Stromverbrauch liegt im ADAC Ecotest bei 20,0 kWh/100km (inkl. Ladeverluste), was angesichts des Fahrzeugtyps als bemerkenswert niedrig gilt und zum Erreichen des fünften Ecotest-Sterns beiträgt. An DC-Schnellladestationen kann der EQE mit bis zu 170 kW geladen werden, was einen Ladevorgang von 10 auf 80 Prozent in etwa 32 Minuten ermöglicht. An einer Wallbox mit 11 kW dauert eine vollständige Ladung ca. 8,25 Stunden (22 kW optional). Die hohen Anschaffungskosten, die umfangreiche und teils gebündelte Aufpreispolitik ("Käufer unfreundliche Preispolitik") sowie die Versicherungseinstufungen (Haftpflicht Typklasse 21) tragen zu den nicht unerheblichen Unterhaltskosten bei. Mercedes gewährt eine Batteriegarantie von 10 Jahren oder 250.000 km.
Sicherheit & Assistenzsysteme
Der Mercedes-Benz EQE erreicht im Euro NCAP Sicherheitstest 2022 die Höchstwertung von fünf Sternen. Besonders hervorzuheben ist der Insassenschutz für Erwachsene und Kinder mit jeweils über 90 Prozent. Auch der Schutz ungeschützter Verkehrsteilnehmender wie Fußgänger und Fahrradfahrer überzeugt mit über 80 Prozent. Der EQE verfügt serienmäßig über diverse Airbags, ABS, Bremsassistent, City-Notbremsassistent und Kollisionswarnung. Zahlreiche weitere Assistenzsysteme, darunter ein aktiver Spurhalteassistent, adaptive Abstandsregelung und das beeindruckende Digital Light mit Projektionsfunktionen, sind optional erhältlich. In der kurzen Modellhistorie gab es bereits zwei Rückrufaktionen im Zusammenhang mit der Abschleppöse und der Lenkung.
Fazit
Der Mercedes-Benz EQE etabliert sich als überaus kompetente elektrische Luxuslimousine der oberen Mittelklasse. Er glänzt mit herausragendem Fahrkomfort, einer bemerkenswerten Laufruhe und einer für ein Elektroauto sehr guten Reichweite, die ihn zu einem exzellenten Reisefahrzeug macht. Die Performance der Elektromotoren ist, auch schon im Basismodell, beeindruckend, und optionale Features wie die Hinterachslenkung steigern Agilität und Fahrvergnügen erheblich. Dennoch trüben der hohe Preis und die teils intransparente Aufpreispolitik, ein vergleichsweise kleines Kofferraumvolumen und die mitunter komplexe Bedienung des Infotainmentsystems den ansonsten durchweg positiven Gesamteindruck. Die Bremsdosierbarkeit bleibt ein Kritikpunkt. Trotz dieser Aspekte ist der EQE ein konsequenter Schritt in Richtung elektrischer Premium-Mobilität.