Lange galt 2035 als in Stein gemeißeltes Enddatum für neue Benzin- und Dieselautos in Europa. Doch der Wind in Brüssel dreht sich. CSU-Generalsekretär Martin Huber sieht die jüngsten Signale der EU-Kommission als längst überfälligen Rettungsanker für die deutsche Wirtschaft – und schreibt diesen Erfolg vor allem einem Mann zu.
Das Dogma wankt: Berichte, wonach die EU-Kommission das strikte "Verbrenner-Aus" für 2035 aufweichen will, sorgen derzeit für ein politisches Erdbeben in Berlin und Brüssel. Für Martin Huber, Generalsekretär der CSU, sind diese Nachrichten mehr als nur politische Flurgespräche – sie sind eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Im Interview mit dem Sender phoenix fand Huber am Rande des CSU-Parteitags deutliche Worte: "Das Aus vom Verbrenner-Aus ist dringend notwendig."
Söders "Alleingang" im Koalitionsausschuss
Dass das Thema überhaupt wieder mit dieser Wucht auf der Agenda steht, reklamiert die CSU selbstbewusst für sich. Laut Huber sei die Bewegung in der Debatte maßgeblich Markus Söder zu verdanken. Dieser habe die Kurskorrektur im Koalitionsausschuss "quasi im Alleingang" durchgesetzt.
Hintergrund ist der enorme Druck auf die deutsche Automobilbranche. Die Industrie, die Huber als "Flaggschiff für unseren Wohlstand" bezeichnet, kämpft mit sinkender Nachfrage bei Elektroautos und harter Konkurrenz aus Fernost. Gerade in Bayern, wo das Netzwerk aus Herstellern und hochspezialisierten Zulieferern tief verwurzelt ist, geht die Angst vor Deindustrialisierung um. Ein starres Verbot, so die Lesart der Christsozialen, würde diesen Ast absägen, auf dem Hunderttausende Arbeitsplätze sitzen.
Triumph der Technologieoffenheit?
Die Argumentation aus München zielt dabei nicht auf eine generelle Absage an den Klimaschutz, sondern auf den Weg dorthin. Das Zauberwort lautet "Technologieoffenheit". Huber verweist darauf, dass aktuell genau jene Hersteller am Markt am robustesten dastehen, die nicht alles auf eine Karte gesetzt haben, sondern den Verbrenner weiter im Portfolio halten.
Für Autokäufer könnte das bedeuten: Der klassische Benziner oder Diesel, womöglich betrieben mit synthetischen Kraftstoffen (E-Fuels), bleibt eine Option. Die Botschaft an den Markt ist klar: Wer jetzt noch Verbrenner entwickelt und kauft, investiert nicht zwingend in ein Auslaufmodell.
Bürgergeld vor dem Aus: Die neue Härte
Der generelle Kurswechsel, den die CSU fordert, macht auch vor der Sozialpolitik nicht halt. Im selben Interview bekräftigte Huber die Pläne zur Abschaffung des Bürgergelds. "Das Bürgergeld kommt weg", so seine unmissverständliche Ansage. Es soll durch eine neue Grundsicherung ersetzt werden. Auch hier beruft sich Huber auf den Koalitionsvertrag und signalisiert: Die Zeiten der bedingungslosen Großzügigkeit sind vorbei, der Fokus rückt wieder stärker auf Leistung und Wirtschaftskraft.
Fazit: Ein Signal der Vernunft?
Ob das "Aus vom Aus" tatsächlich in Gesetzesform gegossen wird, hängt nun von den Details aus Brüssel ab. Doch allein die Diskussion darüber verschafft der deutschen Autoindustrie Luft zum Atmen. Für Verbraucher und Industrie könnte dies der Beginn einer neuen Realismus-Debatte sein, in der ideologische Jahreszahlen durch machbare Technologiepfade ersetzt werden.