Millionen Autofahrer atmeten zuletzt auf: Aus Brüssel kamen Signale, das umstrittene Verbrenner-Verbot für 2035 könnte kippen. Doch wer genau hinsieht, erkennt schnell: Der vermeintliche Kurswechsel der EVP könnte sich als bloßes politisches Manöver entpuppen, das am Ende weder dem Diesel noch dem Benziner das Überleben sichert.

Es klang wie der große Befreiungsschlag für die deutsche Schlüsselindustrie: Manfred Weber, Chef der Europäischen Volkspartei (EVP), stellte kürzlich in Aussicht, das strikte „Verbrenner-Verbot“ – also die 100-Prozent-Emissionsreduktion für Neuwagen ab 2035 – zu revidieren. Statt des totalen Nullemissions-Zwangs ist nun eine Aufweichung im Gespräch, bei der ein kleiner Restanteil an CO2-Emissionen zulässig bleiben könnte. Doch Experten und Kritiker warnen: Was wie eine Rettung klingt, könnte in Wahrheit der letzte Sargnagel für den bezahlbaren Verbrennungsmotor sein.

Ein 90-Prozent-Ziel ist keine Rettung

Der Teufel steckt wie so oft im Detail der Flottengrenzwerte. Der Vorschlag, die Reduktionsziele von 100 auf beispielsweise 90 Prozent zu senken, klingt zunächst nach einem Kompromiss. Doch technisch gesehen ist diese Hürde für den klassischen Verbrennungsmotor fast genauso unüberwindbar wie das vollständige Verbot. Ein herkömmlicher Benziner oder Diesel kann seine Emissionen nicht einfach um 90 Prozent wegzaubern.

Peter Boehringer, stellvertretender Bundessprecher der AfD, bezeichnet den Vorstoß daher als reine „Nebelkerze“. Seine Kritik trifft einen wunden Punkt: Selbst mit einer leichten Lockerung der Grenzwerte bliebe die Technologie für den Massenmarkt faktisch verbannt. Lediglich extrem teure Hybrid-Lösungen oder Nischenfahrzeuge könnten theoretisch durch dieses Nadelöhr schlüpfen – der „Volkswagen“ mit Verbrenner wäre damit wohl trotzdem Geschichte.

Die Industrie in der Investitionsfalle

Noch gravierender als die künftigen Grenzwerte ist der Schaden, der bereits angerichtet wurde. Die Automobilindustrie plant in Zyklen von sieben bis zehn Jahren. Das hin und her aus Brüssel hat laut Kritikern bereits zu einem „katastrophalen Investitionspfad“ geführt. Milliarden wurden in die Elektromobilität gepumpt – oft nicht aus marktgetriebener Überzeugung, sondern aus politischem Zwang.

„Ohne Not hat die EU die Automobilindustrie auf einen Pfad gezwungen, der direkt in die Deindustrialisierung mündet“, kritisiert Boehringer die Strategie aus Brüssel.

Das Resultat sehen wir heute: Stellenabbau bei Zulieferern, Verlagerung von Produktionen ins Ausland und eine verunsicherte Kundschaft, die sich beim Neuwagenkauf zurückhält. Ein halbherziges „Vielleicht doch nicht ganz verboten“ gibt den Unternehmen keine Planungssicherheit zurück. Es verlängert lediglich die Phase der Unsicherheit.

Symbolpolitik statt echter Wende?

Warum also jetzt dieser Vorstoß aus der EVP? Politische Beobachter vermuten hinter dem Manöver eher Wahlkampftaktik als eine fundierte industriepolitische Kehrtwende. Angesichts der dramatischen Lage der deutschen Wirtschaft versucht die Union offenbar, sich als Retter der Verbrenner zu profilieren, ohne jedoch den entscheidenden Schritt zu wagen: die komplette Abkehr von der bisherigen CO2-Flottenregulierung.

Denn solange die Flottengrenzwerte so streng bleiben, dass sie nur mit einer vollelektrischen Flotte erreichbar sind, bleibt das „Verbrenner-Aus“ faktisch bestehen – egal, welches Etikett man ihm aufklebt. Eine echte Technologieoffenheit würde bedeuten, dass synthetische Kraftstoffe (E-Fuels) und optimierte Verbrennungsmotoren eine reale Chance am Markt bekommen, anstatt durch künstliche Grenzwerte erstickt zu werden.

Was das für Autokäufer bedeutet

Für Verbraucher bleibt die Lage vorerst unübersichtlich. Wer heute auf einen modernen Diesel oder Benziner setzt, muss nicht fürchten, dass sein Auto morgen stillgelegt wird. Doch ob es nach 2035 noch bezahlbare Neuwagen mit dieser Technik geben wird, ist trotz der aktuellen Debatte fraglicher denn je. Die „Rettung“ aus Brüssel ist bislang nicht mehr als ein politisches Versprechen – und die physikalischen Realitäten der Grenzwerte sprechen eine andere Sprache.