Einleitung
Der Maxus T90 EV etabliert sich als der derzeit einzige vollelektrische Pickup-Truck auf dem deutschen Markt. Als Produkt des chinesischen Herstellers Maxus, der sich seit 2011 auf Nutzfahrzeuge spezialisiert, versucht er, die Lücke im elektrischen Pickup-Segment zu füllen. Während Pickups in den USA weit verbreitet sind, gewinnen sie auch in Deutschland, insbesondere in ländlichen Gebieten, an Beliebtheit für private und gewerbliche Nutzung.
Design & Verarbeitung
Der Maxus T90 EV präsentiert sich mit einer Länge von 5,37 Metern, einer Breite von 1,90 Metern und einer Höhe von 1,81 Metern als ein stattliches Fahrzeug, das für deutsche Innenstädte eher unhandlich ist. Das Äußere wirkt bullig und robust, wie es von einem Pickup erwartet wird. Im Innenraum dominieren funktionale Kunststoffe, die dem Nutzfahrzeugcharakter gerecht werden. Die Verarbeitung wird als ordentlich beschrieben, auch wenn das Interieur bisweilen „gestrig“ wirken kann. Die lange Motorhaube und Ladefläche schränken die Sicht nach hinten ein, was jedoch durch eine serienmäßige Rückfahrkamera kompensiert wird.
Innenraum & Komfort
Der Innenraum des Maxus T90 EV bietet überraschend viel Platz für bis zu fünf Personen. Besonders hervorzuheben ist die gute Kniefreiheit im Fond, selbst für großgewachsene Mitfahrende. Die Sitzneigung der Rückbank ist komfortabler als bei vielen Konkurrenten. Allerdings sind die Einstiegsleisten breit und der Aufstieg hoch. Die Kopfstützen im Fond fallen niedrig aus und die Tasche mit den Ladekabeln muss im Innenraum verstaut werden, da kein geschlossener Kofferraum vorhanden ist. Praktische Details sind die sehr großen Türtaschen mit extra Flaschenfächern und Taschen an den Rückseiten der Vordersitze. Isofix-Verankerungen sind gut erreichbar.
Infotainmentsystem
Das Cockpit des Maxus T90 EV kombiniert klassische Anzeigen mit digitalen Elementen. Der Fahrer blickt auf einen Tacho mit runden Elementen für Drehzahl und Geschwindigkeit, ergänzt durch ein einfaches, monochromes Display in der Mitte. Ein volldigitaler Tacho ist nicht verfügbar. Das 10,2 Zoll große Infotainmentsystem in der Mittelkonsole ist einfach aufgebaut, mit festen Menüpunkten auf der linken Seite und Kacheln für direkten Zugriff. Es unterstützt Apple CarPlay, jedoch kein Google Android Auto. Ein werkseitiges Navigationssystem fehlt ebenfalls. Insgesamt setzt Maxus auf klassische Bedienelemente mit zahlreichen Tasten und Schaltern am Lenkrad und einer Touchleiste unter dem Display für Klimaanlage und Scheibenheizung – ein Kontrast zum Ansatz reiner Display-Steuerung.
Antrieb & Fahrverhalten
Der Maxus T90 EV wird von einem 177 PS starken E-Motor an der Hinterachse angetrieben. Angesichts des Gewichts von über drei Tonnen und der Erwartungen an ein Arbeitstier ist die Leistung begrenzt. Die Höchstgeschwindigkeit ist auf 120 km/h beschränkt, was auf deutschen Autobahnen ein Mitschwimmen im LKW-Verkehr bedeutet. Der Sprint von 0 auf 100 km/h dauert 12,3 Sekunden. Ein wesentlicher Nachteil ist die geringe Anhängelast von lediglich 1.000 Kilogramm. Das Fahrverhalten wird als schwammig und die Lenkung als indirekt beschrieben, was auf die Basis eines Verbrenners und die Gewichtsverteilung durch die Batterien im Unterboden zurückzuführen ist. Das Fahrwerk kämpft mit unebenen Straßen und ist eher auf eine beladene Ladefläche ausgelegt. Bei niedrigen Geschwindigkeiten ist der T90 EV angenehm leise, während Wind- und Fahrgeräusche auf der Autobahn laut werden. Verschiedene Fahrmodi wie Eco und Power sind vorhanden, zeigen aber keine große Spreizung.
Verbrauch & Unterhalt
Der Maxus T90 EV ist mit einer 89 kWh großen Batterie ausgestattet, die eine durchschnittliche Reichweite von etwa 330 Kilometern im WLTP-Mix ermöglicht. Dies ist für aktuelle Elektrofahrzeuge als gering einzustufen und resultiert aus dem hohen Durchschnittsverbrauch von fast 27 kWh pro 100 Kilometer. Die Ladeleistung ist mit maximal 88 kW Gleichstrom (DC) als langsam zu bewerten; eine Ladung von 20 auf 80 Prozent dauert 45 Minuten. Trotzdem kann der Pickup-Truck an üblichen Schnellladesäulen, Wallboxen und Haushaltssteckdosen geladen werden. Die Kosten für eine volle Ladung, die 330 Kilometer weit reicht, belaufen sich bei einem Strompreis von 30 Cent pro kWh auf rund 27 Euro. Maxus bietet eine Fahrzeuggarantie von fünf Jahren oder bis zu 100.000 Kilometern und eine Batteriegarantie von acht Jahren oder 160.000 Kilometern, wobei die Batterieleistung in diesem Zeitraum nicht unter 70 Prozent fallen darf. Die Garantie setzt regelmäßige Wartung voraus. Der Pannendienst Maxus Assistance, ausgeführt vom ADAC, ist im europäischen Ausland verfügbar, deckt aber nur fahrzeugseitige Fehler ab und bietet keine kostenlose Ersatzfahrzeuge oder Hotelübernahmen an.
Sicherheit & Assistenzsysteme
In puncto Sicherheit bietet der Maxus T90 EV serienmäßig eine solide Grundausstattung: Fahrenden- und Beifahrendenairbag, zwei Seitenairbags vorne und zwei Vorhangairbags. Elektronische Helfer wie elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP), Notbremsassistent, Berganfahr- und Bergabfahrhilfe sind ebenfalls an Bord. Ein separates Fußgängerschutzsystem fehlt jedoch, ebenso wie fortschrittlichere Assistenzsysteme wie Verkehrskennzeichenerkennung, Stauprogramme, Radar oder Lidar. Dies lässt den Maxus T90 EV im Vergleich zu modernen Fahrzeugen, die heute umfangreiche Assistenten bieten, deutlich zurück. Ein offizielles Euro NCAP Crashtest-Ergebnis liegt für den T90 EV bisher nicht vor, was auf die geringe Verbreitung des Fahrzeugs zurückzuführen ist.
Fazit
Der Maxus T90 EV ist ein Nischenprodukt, das seinen Reiz vor allem durch seine Einzigartigkeit als einziger elektrischer Pickup auf dem deutschen Markt entfaltet. Trotz seines großzügigen Platzangebots im Innenraum und der sehr variablen Ladefläche offenbart er deutliche Schwächen bei Reichweite, Ladeleistung, Höchstgeschwindigkeit und Zugkraft. Performance- und Komfortmerkmale wie ein schwammiges Fahrwerk oder das Fehlen moderner Assistenzsysteme setzen ihn hinter viele aktuelle Elektroautos und konventionelle Pickups zurück. Er ist eine Option für Käufer, die explizit einen elektrischen Pickup suchen und bereit sind, Kompromisse einzugehen, da Alternativen wie der Ford F-150 Lightning oder Tesla Cybertruck in Europa kaum erhältlich sind. Wer aber auf hohe Zuglasten oder schnelle Autobahnetappen angewiesen ist, findet in konventionellen Pickups wie dem Ford Ranger oder dem VW Amarok, oder sogar in Maxus' eigenem Diesel-Modell T60 Max, stärkere Alternativen.