Einleitung
Der Kia Picanto, ein wichtiger Vertreter im schrumpfenden Kleinstwagensegment, wurde für das Modelljahr 2024 umfassend überarbeitet. Mit einer Länge von nur 3,60 Metern zielt er besonders auf den Stadtverkehr ab. Trotz der Modellpflege, die optische und technische Neuerungen mit sich bringt, bleibt der Picanto ein kompakter, praktischer Fünftürer, der sich gegen eine immer kleinere Konkurrenz behaupten muss.
Design & Verarbeitung
Das Facelift verleiht dem Picanto eine deutlich aggressivere und modernere Optik, die an größere Kia-SUV-Modelle erinnert. Die Frontpartie zeigt sich mit schmalen Voll-LED-Scheinwerfern (optional) und einer verbindenden Leuchtleiste. Am Heck finden sich hakenförmige LED-Rückleuchten. Während das äußere Design frischer wirkt, prägen im Innenraum vorwiegend Hartplastikmaterialien das Bild. Dies ist kleinstwagentypisch, jedoch bemängeln Tester die fehlende Hochwertigkeit. Die Bedienung ist funktional und übersichtlich gestaltet, mit einer guten Mischung aus Touchflächen und physischen Tasten für oft genutzte Funktionen wie die Klimaanlage. Kritik gibt es für das nur höhenverstellbare Lenkrad und die nur auf der Fahrerseite höhenverstellbare Sitzposition.
Innenraum & Komfort
Das Platzangebot im Picanto ist für die geringen Außenmaße überraschend gut – zumindest vorn. Fahrer bis 2,10 Meter finden ausreichend Kopffreiheit. Auf der Rückbank wird es jedoch eng; Personen über 1,65 Meter haben kaum bequemen Knieraum, da die Vordersitze für größere Personen eingestellt sind. Auch die Sitzflächen sind als zu kurz und mit zu wenig Seitenhalt beschrieben, was sich auf längeren Fahrten bemerkbar macht. Der Kofferraum ist ADAC-gemessen mit 180 Litern klein, kann aber durch Umklappen der Rückbank auf bis zu 845 Liter erweitert werden. Eine hohe Ladekante erschwert das Beladen. Der Federungskomfort ist eine Schwachstelle: Während die Fahrwerksabstimmung insgesamt ordentlich ist, werden kurze Schläge und größere Bodenwellen besonders mit optionalen 16-Zoll-Rädern deutlich an die Insassen weitergegeben. Der Geräuschpegel, insbesondere mechanische und Reifengeräusche, kann bei höheren Geschwindigkeiten störend sein.
Infotainmentsystem
Der Picanto ist multimedia-technisch auf dem neuesten Stand. Ein voll digitales Kombiinstrument und ein 8-Zoll-Touchscreen-Infotainmentsystem mit Navigation sind serienmäßig. Die Smartphone-Integration via Apple CarPlay und Android Auto ist über Kabel möglich. Das System ist übersichtlich und einfach zu bedienen. Dank fest eingebauter SIM-Karte (Kia Connect) stehen Online-Dienste wie Echtzeit-Verkehrsdaten, Tankstellenpreise, Parkhausinformationen und eine Wettervorhersage zur Verfügung. Eine induktive Ladeschale ist den höheren Ausstattungsvarianten vorbehalten.
Antrieb & Fahrverhalten
Zur Wahl stehen zwei Saugbenziner: ein 1,0-Liter-Dreizylinder mit 63 PS und ein 1,2-Liter-Vierzylinder mit 79 PS. Beide Motoren müssen für zügiges Fortkommen hochgedreht werden. In der Stadt und auf Landstraßen sind sie ausreichend, auf der Autobahn jedoch schnell überfordert. Der Dreizylinder beschleunigt in 15,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h (Werksangabe) und erreicht maximal 145 km/h. Der Vierzylinder ist mit 13,1 Sekunden und 159 km/h etwas flotter, jedoch immer noch träge. Ein automatisiertes Schaltgetriebe (AMT) ist verfügbar, raubt dem Fahrzeug aber zusätzlichen Elan. Das manuelle Fünfganggetriebe wird als präzise und leichtgängig beschrieben. Besonders lobenswert ist die Lenkung: Durch eine reduzierte Übersetzung wirkt sie sehr direkt und verleiht dem Picanto ein agiles, gokartähnliches Fahrgefühl, was ihn in der Stadt besonders wendig macht.
Verbrauch & Unterhalt
Der Picanto überzeugt mit überschaubaren Betriebskosten. Der Dreizylinder-Benziner erreichte im ADAC Ecotest einen Verbrauch von 5,3 Litern auf 100 Kilometer. Der 1,2-Liter-Vierzylinder lag im auto motor und sport-Test bei 6,0 Litern im Durchschnitt, konnte aber sparsam auf 4,9 Liter gesenkt werden. Die jährliche Kfz-Steuer ist mit 68 Euro gering. Auch die Versicherungskosten sind moderat. Kia bietet zudem eine großzügige Sieben-Jahres-Garantie (oder 150.000 km), was auf geringe Wartungskosten und einen stabilen Restwert hindeutet. Trotz gestiegener Einstiegspreise (ab 16.990 Euro) bietet der Picanto eine umfassende Ausstattung für seine Klasse.
Sicherheit & Assistenzsysteme
In der Basisausstattung sind bereits zahlreiche Assistenzsysteme enthalten, die seit Juli 2024 EU-weit vorgeschrieben sind. Dazu gehören ein Frontkollisionswarner (mit Fußgänger- und Radfahrererkennung), ein aktiver Spurhalte- und Spurfolgeassistent sowie ein ISA-Geschwindigkeitswarner. Höhere Ausstattungslinien bieten zusätzliche Systeme wie Ausstiegswarner, Totwinkelassistent und Querverkehrwarner hinten. Insgesamt ist der Picanto, gemessen an seiner Klasse, gut ausgestattet und bietet ein hohes Maß an aktiver Sicherheit.
Fazit
Der Kia Picanto ist ein „Vollwertzwerg“ und mehr als nur ein Anfängerfahrzeug. Er punktet mit erwachsenen Fahreigenschaften, einer umfassenden (Serien-)Ausstattung und einer intuitiven Bedienung. Besonders in der Stadt fühlt er sich dank seiner Agilität und Wendigkeit zu Hause. Trotz seiner Schwächen bei der Materialanmutung im Innenraum, dem begrenzten Platz auf der Rückbank und den bescheidenen Fahrleistungen auf der Autobahn bleibt der Picanto eine attraktive Option. Die sieben Jahre Garantie und die gut ausgebaute Konnektivität sind starke Argumente für den kleinen Koreaner, der trotz höherer Preise seinen Wert voraussichtlich gut halten wird in einem immer dünner besetzten Segment.