Einleitung

Der Kia Niro der zweiten Generation, eingeführt 2022, etablierte sich schnell als vielseitiger Kompakt-SUV, der ausschließlich mit elektrifizierten Antrieben angeboten wird: als Hybrid (HEV), Plug-in-Hybrid (PHEV) und rein elektrischer Niro EV. Während der Niro EV mittlerweile durch den EV3 abgelöst wird, sind die Hybridversionen weiterhin als Neuwagen erhältlich und der Elektro-Niro bleibt eine interessante Option auf dem Gebrauchtwagenmarkt.

Das Modell zeichnet sich durch seine Praktikabilität, sein großzügiges Raumangebot und eine solide Verarbeitung aus, was es zu einem beliebten Alltags- und Familienauto macht. Kia setzt auf eine umfassende Ausstattung und eine lange Garantie, um Kunden zu überzeugen.

Design & Verarbeitung

Optisch hat sich der neue Niro deutlich vom Vorgänger abgehoben und präsentiert sich mit klaren, eckigen Linien. Dies verleiht ihm einen modernen und prägnanten Auftritt. Die Gesamtanmutung ist ansprechend und gut proportioniert für das Kompaktsegment. Die Verarbeitungsqualität wird allgemein als solide beschrieben. Die Spaltmaße sind gleichmäßig und die Karosserie wirkt robust.

Im Innenraum nimmt der Niro Designelemente des größeren EV6 auf, was sich in einem aufgeräumten und modernen Cockpit mit integriertem Panoramadisplay (ab Ausstattung Vision) zeigt. Allerdings gibt es auch Kritik: während viele Oberflächen haptisch überzeugen, bestehen Türtafeln großflächig aus einfachem Hartplastik. Auch der Dachhimmel aus recyceltem Papier wird von manchen als „pappig“ empfunden. Kia betont zwar die Verwendung nachhaltiger Materialien, deren Wertigkeit ist jedoch nicht immer gleichbleibend wahrnehmbar.

Innenraum & Komfort

Der Kia Niro punktet mit einem guten Platzangebot. Vier Erwachsene finden bequem Platz, und die Beinfreiheit auf der Rückbank wird als fürstlich beschrieben. Kritisiert werden jedoch die etwas kurzen Schenkelauflagen hinten und die Kopfstützen vorne, die in manchen Fällen in den Nacken drücken können. Trotz dieser kleinen Mankos hinterlässt der Innenraum einen positiven Gesamteindruck.

Das Cockpit ist ergonomisch gestaltet, mit einem Multifunktionslenkrad, das sich intuitiv bedienen lässt. Die „Multimode Control“-Leiste, die zwischen Klima- und Infotainment-Funktionen umschaltet, erfordert anfangs etwas Eingewöhnung, ist aber nach kurzer Zeit gut nutzbar. Ein klares, mehrfarbiges Head-up-Display trägt zum Komfort bei. Die Sitze bieten einen guten Halt, wobei ein optionaler „Premium Relaxion“-Sitz auf der Beifahrerseite für entspannte Ladepausen zur Verfügung steht.

Der Federungskomfort ist ausgewogen, neigt aber im Niro EV zu einer strafferen Abstimmung, die langsam überfahrene Unebenheiten teils unsensibel durchreicht. Bei höheren Geschwindigkeiten sind Windgeräusche wahrnehmbar. Das Innengeräusch bei 130 km/h liegt je nach Antrieb bei etwa 69-72 dB(A).

Infotainmentsystem

Das Infotainmentsystem des Kia Niro, insbesondere mit den optionalen zwei 10,25-Zoll-Displays, wird als modern und intuitiv bedienbar gelobt. Die Menüstruktur ist klar und die Steuerung von Navigation und Klima über die Multi-Mode-Bedienleiste funktioniert nach kurzer Eingewöhnung gut. Physische Knöpfe für häufig genutzte Funktionen sind weiterhin vorhanden, was die Bedienung während der Fahrt erleichtert.

Features wie Apple CarPlay und Android Auto sind serienmäßig integriert. Eine induktive Ladeschale für Smartphones ist ebenfalls verfügbar. Besonders praktisch sind die USB-C-Ladeanschlüsse in den Vordersitzlehnen für die Fondpassagiere. Die Navigation kann Ladestopps für den EV vorkonditionieren, d.h. die Batterie wird auf optimale Temperatur gebracht. Eine vollautomatisierte Ladeplanung für die gesamte Route war zum Testzeitpunkt noch nicht optimal, soll aber per Over-the-Air-Update nachgereicht werden.

Antrieb & Fahrverhalten

Der Kia Niro ist mit drei Antriebsarten erhältlich, die unterschiedliche Fahrcharakteristika aufweisen:

  • Niro Hybrid (HEV): Kombiniert einen 1,6-Liter-Benziner (105 PS) mit einem E-Motor (ca. 44 PS) zu einer Systemleistung von 95 kW (129 PS) oder 104 kW (141 PS, ältere Testwerte). Die Kraftübertragung erfolgt über ein harmonisches sechsstufiges Doppelkupplungsgetriebe. Er fährt sich effizient (ADAC Ecotest: 5,1 l/100 km), wirkt unter Volllast aber mitunter dröhnig. Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h dauert etwa 10,4 bis 11,3 Sekunden.
  • Niro Plug-in-Hybrid (PHEV): Mit einem stärkeren E-Motor (84 PS) und einer Systemleistung von 126 kW (171 PS) oder 135 kW (183 PS, ältere Testwerte) bietet er mehr Leistung. Die elektrische Reichweite liegt praxisnah bei etwa 60 km. Bei zusammenwirkenden Antrieben ist er spritziger als der HEV, rein elektrisch aber spürbar träger. Testverbrauch (ADAC Ecotest): 2,7 l Super und 19,5 kWh/100 km.
  • Niro EV (Elektro): Der 150 kW (204 PS) starke Elektromotor in Kombination mit 255 Nm Drehmoment beschleunigt zügig (0-100 km/h in 7,8 Sekunden) und erreicht eine Spitze von 167 km/h. Der Elektro-Niro ist dynamisch und bietet Ein-Pedal-Fahren über Rekuperationspaddles. Der Akku (64,8 kWh) ermöglicht eine realistische Reichweite von über 400 km. Das Fahrwerk ist straffer abgestimmt, zeigt aber eine gute Fahrstabilität und Lenkpräzision. Spurhalteassistenten können teils überreagieren.

Alle Modelle verfügen über Vorderradantrieb. Der Niro EV darf nun auch Anhänger bis 750 kg ziehen.

Verbrauch & Unterhalt

Die Verbrauchsdaten des Kia Niro sind beeindruckend, besonders im Hinblick auf die Effizienz der elektrifizierten Antriebe.

  • Niro EV: Im ADAC Ecotest wurde ein durchschnittlicher Stromverbrauch von 17,9 kWh/100 km inklusive Ladeverlusten ermittelt, was ein Fünf-Sterne-Ergebnis in der Umweltwertung bedeutet. Die reale Reichweite liegt bei etwa 410 km. Die Ladeleistung ist mit maximal 80 kW DC (10-80% in 45 Min.) nicht Spitzenklasse, aber für den Alltag ausreichend. AC-Laden mit bis zu 11 kW (Drei-Phasen-Bordlader serienmäßig) ist zeitgemäßer.
  • Niro Hybrid: Im ADAC Ecotest erreichte er einen Verbrauch von 5,1 l Super/100 km, was sehr sparsam ist und zu einer Vier-Sterne-Ecotest-Bewertung führt. Die Reichweite mit einer Tankfüllung (ADAC Messung) beträgt ca. 820 km.
  • Niro Plug-in-Hybrid: Bei leerer Batterie liegt der Kraftstoffverbrauch im Hybrid-Modus bei durchschnittlich 5,5 l Super/100 km. Bei voller Batterie und Nutzung der elektrischen Reichweite liegt der kombinierte Verbrauch auf 100 km bei 2,7 l Super und 19,5 kWh Strom. Dies führte ebenfalls zu einer Vier-Sterne-Ecotest-Bewertung. Die rein elektrische Reichweite beträgt realistische 60 km. AC-Laden ist mit 3,3 kW eher langsam (175 Minuten für voller Akku).

Die Unterhaltskosten sind für die Fahrzeugklasse angemessen. Der Niro EV punktet durch geringe Betriebskosten, während die Hybrid-Modelle von niedriger KFZ-Steuer profitieren. Die 7-Jahres-Garantie bietet zusätzliche Sicherheit im Unterhalt.

Sicherheit & Assistenzsysteme

Der Kia Niro erhält im ADAC Test eine sehr gute Sicherheitsbewertung (Gesamtnote 1,7). Er ist serienmäßig umfangreich mit Sicherheits- und Assistenzsystemen ausgestattet:

  • Aktive Sicherheit: Automatische Abstandsregelung (ACC), City-Notbremsassistent mit Kollisionswarnung und Fußgängererkennung, Spurhalteassistent, Verkehrszeichenerkennung, Fernlichtassistent, intelligenter Geschwindigkeitsassistent und Müdigkeitserkennung sind standardmäßig an Bord.
  • Passive Sicherheit: Mehrere Airbags (Fahrer, Beifahrer, Seiten, Mitten, Knieairbag Fahrer, Kopfairbags vorn und hinten), Isofix-Befestigungen auf den Rücksitzen.
  • Einige Assistenzsysteme, wie der Spurhalteassistent bei engen Straßen oder die Verkehrszeichenerkennung, können laut Testern manchmal überengagiert oder ungenau arbeiten, lassen sich aber bei Bedarf deaktivieren.

Die sehr gute Ausstattung trägt maßgeblich zur hohen Sicherheitsbewertung bei und bietet ein beruhigendes Fahrerlebnis.

Fazit

Der Kia Niro der zweiten Generation überzeugt als ausgereiftes und vielseitiges Kompakt-SUV, das alle drei elektrifizierten Antriebsarten kompetent beherrscht. Er bietet ein überdurchschnittliches Raumangebot, hohen Komfort und eine umfassende Serienausstattung. Besondere Pluspunkte sind die hohe Effizienz der Antriebe und die lange Kia-Garantie.

Der Niro EV punktet mit dynamischen Fahrleistungen, hoher realer Reichweite und der praktischen V2L-Funktion, muss aber Abstriche bei der DC-Schnellladeleistung machen. Die Hybrid- und Plug-in-Hybrid-Modelle sind äußerst sparsam und bieten eine gute Alternative für Fahrer, die noch nicht vollständig auf Elektromobilität umsteigen möchten oder können. Trotz kleinerer Kritikpunkte an der Materialauswahl im Innenraum und der Fahrwerksabstimmung bei Unebenheiten, stellt der Kia Niro in allen Varianten ein hervorragendes und familientaugliches Alltagsauto dar.