Einleitung
Der Alfa Romeo Junior markiert einen Meilenstein für die italienische Marke, da er als erstes rein elektrisches Modell und zudem als Hybrid erhältlich ist. Ursprünglich unter dem Namen „Milano“ vorgestellt, wurde er aufgrund politischer Vorgaben in „Junior“ umbenannt, eine Hommage an klassische Alfa Romeo Modelle. Dieses kompakte SUV, gebaut im polnischen Stellantis-Werk in Tychy, tritt in einem Segment mit starker Konkurrenz an und soll Alfistis Herz mit seinem „Cuore Sportivo“ erobern, obwohl er die technische Basis mit Konzernbrüdern teilt.
Design & Verarbeitung
Das Design des Alfa Romeo Junior ist unverkennbar italienisch und sportlich. Die Front mit den schmalen LED-Tagfahrlichtern und dem typischen Alfa-Grill verleiht ihm eine unverwechselbare Optik. Das steil abfallende Heck, auch „Coda Tronca“ genannt, ist eine Anspielung auf historische Alfa Romeo Sportcoupés und optimiert die Aerodynamik. Mit einer Länge von 4,17 Metern ist der Junior zwar im Kleinwagen-SUV-Segment angesiedelt, wirkt durch seine Proportionen aber athletischer als manch größerer Konkurrent. Im Innenraum setzt sich der sportliche Anspruch fort: Das Cockpit ist fahrerorientiert, mit Details wie runden Tachoeinfassungen und einem zum Fahrer geneigten Infotainment-Display. Die Verarbeitung ist im Allgemeinen gut, jedoch fällt der teils recht günstige Kunststoff negativ auf, der dem Premium-Anspruch und dem Preis des Fahrzeugs nicht immer gerecht wird. Die optionale Ambientebeleuchtung und Alcantara-Details können den Eindruck aber aufwerten.
Innenraum & Komfort
Vorne bietet der Junior Elettrica ausreichend Platz und eine sportlich tiefe Sitzposition, die den Kontakt zur Straße verbessert. Die Kopffreiheit ist auch hinten gut. Jedoch ist die Kniefreiheit im Fond für Erwachsene stark eingeschränkt, was den Platz auf der Rückbank hauptsächlich für Kinder oder kurze Fahrten prädestiniert. Isofix-Punkte im Fond sind vorhanden, aber schwer zugänglich. Das Kofferraumvolumen ist mit 400 bis 415 Litern (Ibrida) bzw. 340 bis 415 Litern (Elettrica) für seine Klasse überdurchschnittlich groß und kann durch Umklappen der Rücksitze auf bis zu 1.280 Liter erweitert werden. Der doppelte Ladeboden und Haken zur Ladungssicherung erhöhen die Praktikabilität. Eine Durchladefunktion für lange Gegenstände fehlt jedoch. Ablagemöglichkeiten sind im Vergleich zu Wettbewerbern eher spärlich gesät; während vorne Fächer und Becherhalter vorhanden sind, fehlen sie in den hinteren Türen und eine Mittelarmlehne im Fond. Die Rundumsicht ist durch die schmale Heckscheibe und hochgezogenen Seitenfenster eingeschränkt. Der Komfort leidet unter dem straffen Fahrwerk, das Unebenheiten deutlich an die Insassen weitergibt, was ihn eher für Stadt und Landstraße als für lange Autobahnfahrten prädestiniert.
Infotainmentsystem
Das Infotainmentsystem des Alfa Romeo Junior verfügt über einen 10,25 Zoll großen Touchscreen, der zwar nicht zu den größten auf dem Markt gehört, aber übersichtlich gestaltet ist. Die Anordnung des Displays ist tief in der Mittelkonsole und erleichtert die Bedienung während der Fahrt, auch wenn der Blick etwas länger von der Straße schweifen muss. Es unterstützt Apple CarPlay und Android Auto serienmäßig. Eine Besonderheit ist die Integration von ChatGPT als Sprachassistent, aktivierbar mit „Hey, Alfa!“, der nicht nur Navigationshinweise gibt, sondern auch zusätzliche Informationen und Ratschläge zu Fahrtzielen bieten soll. Physische Tasten unterhalb des Displays ermöglichen den direkten Zugriff auf wichtige Funktionen wie die Klimasteuerung. Das Navigationssystem der Elettrica-Modelle beinhaltet ein spezielles „EV-Routing“, das Ladestopps auf der Route automatisch plant und auf ein Netzwerk von über 600.000 Ladepunkten zugreift. Over-the-Air-Updates sorgen dafür, dass die Software stets auf dem neuesten Stand ist.
Antrieb & Fahrverhalten
Der Alfa Romeo Junior ist als Mild-Hybrid („Ibrida“) und als vollelektrische Variante („Elettrica“) erhältlich. Der Ibrida nutzt einen 1,2-Liter-Dreizylinder-Turbobenziner mit 136 PS (oder 145 PS im Ibrida Q4 mit Allradantrieb). Dieser ist mit einem elektrischen 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (eDCT) kombiniert, das bei niedrigen Geschwindigkeiten elektrisches Fahren ermöglicht und zum Spritsparen beiträgt. Die Ibrida-Varianten beschleunigen in 8,9 bis 9,1 Sekunden auf 100 km/h und erreichen eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h. Die rein elektrischen Modelle bieten wahlweise 156 PS oder 280 PS (Veloce). Die Veloce-Version beeindruckt mit einer 0-100 km/h Zeit von 5,9 Sekunden und einer Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h, während die 156-PS-Variante 9,0 Sekunden benötigt und bei 150 km/h abgeregelt ist. Trotz der gemeinsamen Stellantis-Plattform haben die Alfa-Ingenieure Fahrwerk, Bremsen und Lenkung umfassend überarbeitet, um ein sportliches Fahrgefühl zu erzielen. Das Fahrwerk ist straff abgestimmt, die Lenkung präzise und die Bremsen packen beherzt zu (33 Meter Bremsweg aus 100 km/h für den Veloce). Besonders die Veloce-Version mit Torsen-Sperrdifferential an der Vorderachse und 25 mm Tieferlegung bietet ein außergewöhnlich agiles und kontrollierbares Fahrverhalten, das den Junior im Segment hervorhebt. Das geringe Gewicht (ab ca. 1,3 Tonnen für Hybrid, ca. 1,6 Tonnen für Elektro) trägt zur Agilität bei. Alle Modelle verfügen über die Fahrdynamikregelung Alfa D.N.A., die das Ansprechverhalten von Lenkung, Gaspedal und Infotainment anpasst.
Verbrauch & Unterhalt
Der Alfa Romeo Junior Ibrida erzielt laut WLTP einen kombinierten Verbrauch von 4,8 bis 5,4 Litern Benzin pro 100 Kilometer und CO₂-Emissionen von 109 bis 119 g/km. In der Praxis können die Werte je nach Fahrweise auf sechs bis acht Liter ansteigen. Das Elettrica-Modell hat eine 54 kWh (netto 51 kWh) Batteriekapazität, die eine WLTP-Reichweite von 344 bis 412 Kilometern ermöglicht. Der Stromverbrauch liegt kombiniert bei 15,1 bis 17,5 kWh/100 km. Die Schnellladeleistung beträgt maximal 100 kW DC, wodurch der Akku in unter 30 Minuten von 10 auf 80 Prozent geladen werden kann. AC-Laden an einer Wallbox mit 11 kW dauert etwa 5,45 Stunden. Einmal Vollladen kostet bei 30 Cent/kWh etwa 18 Euro. Die Energieeffizienzklasse ist D für den Hybrid und A für den Elektro. Beide Antriebsarten erfüllen die Abgasnorm Euro 6e.
Sicherheit & Assistenzsysteme
Der Alfa Romeo Junior ist serienmäßig mit sechs Airbags ausgestattet, darunter Front-, Seiten- und Kopfairbags für vorne und hinten. Eine Reihe von Assistenzsystemen ist ebenfalls standardmäßig an Bord, darunter ein Kollisionswarnsystem mit autonomer Notbremsfunktion (erkennt auch Fußgänger und Radfahrer), ein Spurhalteassistent, Verkehrszeichenerkennung, ein Aufmerksamkeitsassistent sowie Regen- und Lichtsensor. Parksensoren am Heck sind ebenfalls serienmäßig. Optional sind Features wie ein Totwinkel-Assistent, eine 180-Grad-Rückfahrkamera und ein adaptiver Tempomat mit Stau-Assistent erhältlich. Ein Euro NCAP Crashtest-Ergebnis steht zum aktuellen Zeitpunkt noch aus. Die technische Basis gilt jedoch aufgrund der Nutzung in anderen Stellantis-Fahrzeugen als erprobt.
Fazit
Der Alfa Romeo Junior ist ein mutiger Schritt für die Marke ins Kompakt-SUV-Segment und die Elektromobilität. Er überzeugt mit seinem unverwechselbaren, sportlichen Design und einem Fahrverhalten, das dem Alfa Romeo-Anspruch an Agilität und Präzision gerecht wird – insbesondere in der leistungsstärkeren Veloce-Variante. Trotz der geteilten Stellantis-Plattform ist es Alfa Romeo gelungen, dem Junior eine eigenständige Charakteristik zu verleihen. Abstriche müssen bei der Kniefreiheit im Fond und der Materialqualität im Innenraum gemacht werden. Auch die Preise, besonders für die Top-Versionen, sind kein Schnäppchen. Dennoch bietet der Junior ein emotionales Fahrerlebnis und eine gute Kombination aus Effizienz (Hybrid) oder lokal emissionsfreiem Fahren (Elektro) und Alltagstauglichkeit dank des großzügigen Kofferraums. Wer einen kompakten SUV mit „Cuore Sportivo“ sucht und Wert auf Design sowie Fahrdynamik legt, wird im Alfa Romeo Junior ein interessantes Angebot finden, das sich von der Konkurrenz abhebt.