Einleitung
Der Polestar 2 präsentiert sich im aktuellen Facelift umfassend überarbeitet, wobei die sichtbarste Neuerung die lediglich neugestaltete Front ist, die weiterhin stark an Volvo-Modelle erinnert. Die wahren Veränderungen stecken unter dem Blech: Eine größere Batterie und neue E-Motoren, gepaart mit der Umstellung von Front- auf Heckantrieb, sollen die elektrische Mittelklasse-Limousine auf Kurs halten. Als Teil des Geely-Konzerns profitiert Polestar von umfassendem technischen Know-how und einer robusten industriellen Infrastruktur. Ziel der Überarbeitung ist es, die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber neuen Konkurrenten wie dem BYD Seal und dem Tesla Model 3 zu stärken und das Modell als technisch fortschrittlichen und souveränen Elektro-GT zu etablieren.
Design & Verarbeitung
Das Design des Polestar 2 bleibt auch nach dem Facelift unverwechselbar und überzeugt mit Klarheit. Trotz des im Fahrzeugboden untergebrachten Akkus bleibt die Karosserie flach und der Form einer klassischen Limousine treu. Eine deutliche optische Unterscheidung zur Vorgängerversion bietet der nun verschwundene Kühlergrill, der die kommende Frontgestaltung der Polestar-Familie vorwegnimmt. Die Materialauswahl im Innenraum ist als ordentlich zu bezeichnen, wenngleich der Respektabstand zu höheren Klassen gewahrt bleibt. Kritisiert werden können hier die nicht geschäumten Verkleidungen im unteren Bereich und ein insgesamt eher dünnerer Teppich. Der Dachhimmel könnte ebenfalls wertiger gestaltet sein. Die enge Verwandtschaft zum Volvo XC40 ist in der Raumgestaltung unverkennbar, da beide Modelle auf der gleichen CMA-Plattform von Geely basieren. Polestar setzt zudem auf Nachhaltigkeit, unter anderem durch vegane Stoffe und kohlenstoffarmes Aluminium.
Innenraum & Komfort
Das Raumangebot des Polestar 2 ist besonders im Fond eher durchschnittlich und als knapp zu bezeichnen. Vorn reicht die Beinfreiheit für Personen bis 1,90 Meter, die Kopffreiheit wäre sogar für über 2,10 Meter große Menschen ausreichend. Im Fond bietet die Kopffreiheit Platz für Passagiere bis etwa 1,85 Meter, während die Beinfreiheit großzügiger ausfällt und bis zu 1,95 Meter große Personen aufnehmen kann, wenn die Vordersitze auf 1,85 Meter eingestellt sind. Das Raumgefühl wird durch die hohe Seitenlinie, die nahegelegenen C-Säulen und den dunklen Dachhimmel beeinträchtigt. Eine sehr breite Mittelkonsole zwischen den Vordersitzen kann größere Reisende zusätzlich beengen. Der Federungskomfort wird als mäßig und die Federung als ziemlich straff beschrieben, was besonders bei kurzen Bodenwellen und Kopfsteinpflaster zu Poltergeräuschen führen kann, beeinflusst auch durch optionale 20-Zoll-Felgen. Erst ab 80 km/h federt das Fahrwerk halbwegs ordentlich. Die Geräuschdämmung ist ebenfalls ein Kritikpunkt, mit wahrnehmbaren Wind- und Fahrwerksgeräuschen bei höheren Geschwindigkeiten und einem surrenden Geräusch vom Heckmotor.
Infotainmentsystem
Das Infotainmentsystem des Polestar 2 zeichnet sich durch eine tiefe Integration von Googles Android-Automotive aus. Dies führt zu einem vergleichsweise geringen Gewöhnungsaufwand für Nutzer. Trotzdem könnten weniger technikaffine Personen anfänglich Herausforderungen bei der Bedienung erleben. Eine separate Bedieneinheit für die Klimaanlage fehlt; Einstellungen müssen über das Display vorgenommen werden, was während der Fahrt unter Umständen ablenkend wirken kann. Das Multimediasystem wird über verschiedene Apps zugänglich gemacht. Positiv hervorzuheben sind die weiterhin vorhandenen Tasten am Lenkrad für den Senderwechsel und ein praktischer Lautstärkedrehregler auf der Mittelkonsole, die eine intuitivere Bedienung ermöglichen.
Antrieb & Fahrverhalten
Die Umstellung auf Heckantrieb ist die größte technische Neuerung und tut dem Polestar 2 spürbar gut. Die von 170 auf 220 kW (299 PS) gestiegene Leistung wird nun deutlich besser auf die Straße gebracht, was sich in traktionsstarkem Anfahren äußert. Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h verbessert sich auf 6,2 Sekunden und die Höchstgeschwindigkeit steigt auf 205 km/h. Der Polestar 2 mutiert regelrecht zu einer Fahrmaschine: Er ist straff abgestimmt und vermittelt dem Fahrer jede Feinheit des Fahrbahnuntergrunds. Das Fahrzeug liegt sicher und souverän auf der Straße, selbst anspruchsvolle Fahrmanöver bringen ihn nicht aus der Ruhe. Im ADAC Ausweichtest zeigt der Stromer seine Stärken durch schnelle und gut kontrollierbare Passagen mit geringer Seitenneigung. Im Grenzbereich neigt er zum Übersteuern, bleibt aber gut beherrschbar. Das ESP ist gut abgestimmt und greift präzise, aber nicht zu früh ein. Auch bei vollem Leistungseinsatz wird das Drehmoment sicher auf den Asphalt übertragen, wobei die schnell und feinfühlig regelnde Antriebsschlupfregelung bei geringerem Reibwert eingreift. Die Lenkung ist frei von Antriebseinflüssen, auch wenn ihr ein ungleichmäßiges Rückstellmoment und ein taubes Gefühl attestiert werden.
Verbrauch & Unterhalt
Der Polestar 2 (82 kWh) überzeugt im ADAC Ecotest mit einem niedrigen Stromverbrauch von 17,5 kWh pro 100 km (inkl. Ladeverluste), was eine praxistaugliche Reichweite von rund 530 km ermöglicht. Dies ist ein guter Wert und eine Verbesserung gegenüber dem Vorgängermodell. Laut Herstellerangaben liegt der WLTP-Verbrauch bei 14,8 kWh/100 km, mit einer Reichweite von 655 km. Die Ladeleistung am Schnelllader wurde auf bis zu 205 kW gesteigert, wodurch ein Ladehub von 10 auf 80 Prozent unter idealen Bedingungen nur 28 Minuten dauert, mit einer durchschnittlichen Ladeleistung von 136,7 kW. Allerdings weist ein Wintertest auf schnell abbauende Ladeleistung nach anfänglich hohem Niveau hin. Trotz seiner Effizienz bleibt der Polestar 2 mit einem Grundpreis von 54.475 Euro (Long Range Single Motor) im Vergleich zu Wettbewerbern wie dem Tesla Model 3 (rund 9.000 Euro günstiger) kein Preisbrecher. Sinnvolle Ausstattungen wie die empfehlenswerte Wärmepumpe sind oft nur in teureren Paketen erhältlich, was den Gesamtpreis weiter erhöht. Die jährliche KFZ-Steuer beträgt 0 Euro für Elektrofahrzeuge, die monatlichen Unterhaltskosten (ohne Wertverlust) werden bei 15.000 km Jahresleistung mit 299 Euro beziffert.
Sicherheit & Assistenzsysteme
In puncto Sicherheit bietet der Polestar 2 ein sehr hohes Niveau, ausgezeichnet mit der ADAC-Bewertung von 1,4. Eine breite Palette an aktiven und passiven Sicherheitssystemen ist entweder serienmäßig oder im Rahmen von optionalen Paketen verfügbar. Dazu gehören essenzielle Komponenten wie mehrere Airbags (Fahrer, Beifahrer, Seiten, Mitten, Kopf) sowie Vorrichtungen wie PreCrash-Systeme mit reversiblen Gurtstraffern und Isofix-Befestigungen vorn und hinten. Im Bereich der aktiven Sicherheit sind zahlreiche Assistenzsysteme verbaut: ABS, Bremsassistent (Multikollisionsbremse), City-Notbremsassistent, Kollisionswarnung, Antriebsschlupfregelung und elektronische Stabilitätskontrolle sind Serie. Zudem sind Assistenzsysteme wie die automatische Abstandsregelung, Fußgängererkennung, Müdigkeitserkennung, Spurhalte- und Spurwechselassistent, Kreuzungs-, Abbiege- und Querverkehrsassistenten sowie Verkehrszeichenerkennung und Fernlichtassistent vorhanden, teilweise als Bestandteil größerer Pakete wie dem Pilot-Paket.
Fazit
Der Polestar 2 Long Range Single Motor (82 kWh) präsentiert sich nach seiner umfassenden Überarbeitung als eine sportlich-souveräne Elektro-Limousine. Die Umstellung auf Heckantrieb verleiht ihm spürbar verbesserte Fahrleistungen und eine höhere Fahrdynamik und Traktion. In Verbindung mit einer hohen Reichweite und stark verbesserten Ladezeiten ist er für den Alltag gut gerüstet. Besonders hervorzuheben sind das hohe Sicherheitsniveau und die umfangreiche Serienausstattung. Dennoch gibt es Kritikpunkte: Der Federungskomfort ist aufgrund der straffen Abstimmung mäßig, das Raumangebot, insbesondere im Fond, bleibt durchschnittlich, und die Sicht nach hinten ist eingeschränkt. Auch der vergleichsweise hohe Anschaffungspreis schmälert seine Attraktivität. Trotz dieser Aspekte ist der Polestar 2 ein gut verarbeitetes, effizientes und fahrstabiles Elektrofahrzeug, das durch seinen individuellen Auftritt und seinen nachhaltigen Ansatz überzeugt.