Einleitung
Mit dem Nissan Ariya betritt der japanische Hersteller nach dem Pionier Leaf erneut den Markt der Elektrofahrzeuge, diesmal im boomenden Segment der E-SUVs. Das Modell, das Elemente eines SUV mit Coupé-Formen vereint, präsentierte Nissan als seriennahe Version bereits 2020. Sein Marktstart erfolgte jedoch erst mit einiger Verzögerung, während Konkurrenten wie der VW ID.4, Kia EV6 oder Hyundai Ioniq 5 bereits etabliert waren. Trotz des verspäteten Erscheinens will der Ariya mit frischen Designideen und umfangreicher Ausstattung überzeugen. Er ist mit verschiedenen Batteriegrößen und Antriebsarten verfügbar, darunter auch leistungsstarke Allradvarianten. Die anfänglich hohen Listenpreise wurden inzwischen angepasst, um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern.
Design & Verarbeitung
Der Nissan Ariya präsentiert sich mit einem eigenständigen, futuristischen Design, das durch geschwungene Linien und eine coupéhafte Dachlinie geprägt ist. Die bullige Front mit feinen Lichtleisten und das markante Heck verleihen ihm eine unverkennbare Optik. Die Karosserie wirkt lang gestreckt und modern. Die Verarbeitungsqualität im Exterieur wird durchweg als gut bis sehr hochwertig beschrieben. Im Innenraum setzt Nissan auf ein puristisches und ansehnliches Armaturenbrett, das viele Tester beeindruckte. Es besticht durch hochwertige Materialien, darunter eine samtige Oberfläche, die Wildleder ähnelt. Einzelne Kritiken bemängelten jedoch den Einsatz von Hartplastik an manchen Stellen, was dem Gewicht geschuldet sein könnte.
Innenraum & Komfort
Das Platzangebot im vorderen Bereich ist dank des Verzichts auf eine herkömmliche Mittelkonsole sehr großzügig und bietet viel Bewegungsfreiheit. Eine elektrisch verschiebbare Mittelarmlehne und ein ausklappbares Tischchen erhöhen die Variabilität. Kritik gibt es jedoch an der Sitzposition vorn, die selbst in der niedrigsten Einstellung als zu hoch empfunden wird, was für größere Personen zu Problemen mit der Kopffreiheit führen kann. Auch im Fond gibt es unterschiedliche Meinungen: Während einige Tester von enormer Kopf- und Beinfreiheit sprechen, empfinden andere die Sitzposition als spitz angewinkelt mit wenig Oberschenkelauflage. Der Kofferraum bietet zwischen 415 und 468 Litern Stauraum, der sich bei umgeklappter Rückbank auf bis zu 1460 Liter erweitern lässt und gut nutzbar ist.
Der Ariya punktet mit einer hervorragenden Geräuschisolierung, die das Fahrerlebnis sehr leise macht und zum hohen Fahrkomfort beiträgt – auch auf längeren Strecken. Allerdings wird die Fahrwerksabstimmung von einigen Testern als teils hoppelig oder hölzern über Querfugen beschrieben, was den Komfort bei schlechten Straßenverhältnissen beeinträchtigen kann. Die Rückbank-Klimatisierung ist nicht separat steuerbar.
Infotainmentsystem
Das Infotainmentsystem des Ariya basiert auf einer modernen digitalen Bedienlandschaft mit zwei gestochen scharfen 12,3-Zoll-Displays für Tacho und Entertainment. Inhalte lassen sich intuitiv zwischen den Bildschirmen verschieben. Das minimalistische Cockpit verzichtet weitgehend auf klassische Knöpfe; die Klimaanlage wird innovativ über haptische Touchflächen in einer Holzapplikation gesteuert, die bei Motorstart aufleuchten und haptisches Feedback geben. Die Sprachsteuerung über Amazon Alexa wird allgemein als gut und weitestgehend fehlerfrei beschrieben, auch wenn es im Praxistest zu Missverständnissen kommen kann.
Dennoch gibt es deutliche Kritikpunkte: Das System reagiert teilweise träge auf Eingaben, und es wurden Softwarefehler, unverständliche Abkürzungen sowie Rechtschreibfehler festgestellt. Das Navigationssystem bietet zwar eine intelligente Routenplanung mit Berücksichtigung von Ladestationen, ist aber nicht immer aktuell und reagiert bei Routenänderungen unflexibel. Ein Head-up-Display liefert wichtige Informationen direkt ins Blickfeld des Fahrers und trägt zur Sicherheit bei. Updates werden Over-the-Air eingespielt.
Antrieb & Fahrverhalten
Der Nissan Ariya ist in verschiedenen Leistungsstufen erhältlich, vom Frontantrieb mit 160 kW (218 PS) bis hin zur e-4ORCE Allradversion mit 290 kW (394 PS) und als Nismo mit 320 kW (435 PS). Die Beschleunigung ist E-Auto-typisch direkt, besonders in den stärkeren Varianten. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 160 bis 200 km/h. Das Fahrzeug profitiert von seinem tiefen Schwerpunkt, der für eine gute Straßenlage sorgt.
Die Lenkung wird als direkt, aber von einigen Testern auch als gefühllos mit zu starken Rückstellkräften beschrieben. Das Fahrwerk, obwohl straff abgestimmt, zeigt Ambitionen zum Untersteuern, wobei das ESP vehement eingreift. Die Bremsen bieten ein synthetisches Gefühl, das Zusammenspiel zwischen Rekuperation und mechanischer Bremse ist gut gelöst, auch wenn die Dosierbarkeit und Bremswege kritisiert wurden. Der e-Pedal-Mode ermöglicht ein Fahren mit weitgehender Ein-Pedal-Steuerung, bremst das Fahrzeug aber nicht bis zum Stillstand ab. Die Allrad-Modelle (e-4ORCE) überzeugen durch untadelige Traktion.
Verbrauch & Unterhalt
Die Reichweite des Nissan Ariya liegt je nach Batteriegröße (63 kWh oder 87 kWh netto) und Testbedingungen zwischen ca. 314 und 388 Kilometern im realistischen Fahrbetrieb, was oft deutlich unter den WLTP-Angaben liegt und im Vergleich zu einigen Konkurrenten als eher gering empfunden wird. Der Testverbrauch variiert zwischen 21,3 kWh/100km und 28,0 kWh/100km (Winter).
Besonders kritisiert wird die Ladeleistung: Obwohl der Ariya am Wechselstrom bis zu 22 kW und am Gleichstrom bis zu 130 kW laden kann, gilt dies im aktuellen Markt als nicht mehr zeitgemäß, da Konkurrenten wie Hyundai Ioniq 5 oder Kia EV6 bereits 800-Volt-Technik für deutlich schnellere Ladezeiten bieten. Dies wirkt sich auf die Marktchancen aus. Die Ladezeit von 10 auf 80 Prozent via DC beträgt circa 30 bis 40 Minuten. Die Versicherungsklassen sind unauffällig. Nissan bietet eine Fahrzeuggarantie von drei Jahren und eine Batteriegewährleistung von acht Jahren oder 160.000 Kilometern. Die Preise wurden nach dem Markstart gesenkt, um wettbewerbsfähiger zu sein.
Sicherheit & Assistenzsysteme
Im Euro NCAP Crashtest 2022 erreichte der Nissan Ariya eine hervorragende Fünf-Sterne-Bewertung. Er überzeugte sowohl beim Insassenschutz für Erwachsene und Kinder als auch bei der passiven Sicherheit für ungeschützte Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger und Radfahrer. Auch die elektronischen Sicherheitsunterstützungen durch die Assistenzsysteme erhielten positive Bewertungen.
Zur Ausstattung gehört das Pro-Pilot-Assistenzsystem, das Spurhaltung, Geschwindigkeitsregelung und Abstand zu vorausfahrenden Fahrzeugen intelligent koppelt und Informationen des Navigationssystems miteinbezieht, um beispielsweise vor Kurven die Geschwindigkeit anzupassen. Ein automatisiertes Einparken ist ebenfalls möglich. Umfangreiche Serienhelfer wie der Around View Monitor, Frontkollisionswarner, Notbremsassistent mit Fußgänger- und Radfahrererkennung sowie ein Kreuzungs-Assistent sorgen für umfassende Sicherheit. Die Aktivierung der Systeme erfolgt intuitiv, auch wenn ein dedizierter Knopf für den Spurhalteassistenten wünschenswert wäre.
Fazit
Der Nissan Ariya markiert Nissans erfolgreiche Rückkehr in den Elektro-SUV-Markt. Er überzeugt mit einem ansprechenden, futuristischen Design und einem hochwertig verarbeiteten, geräumigen Interieur – besonders im vorderen Bereich. Auch der Fahrkomfort und die hohe Fahrsicherheit werden positiv hervorgehoben. Die digitale Benutzeroberfläche ist innovativ und bedienfreundlich, wenngleich sie anfänglich unter Software-Kinderkrankheiten litt, die das Gesamterlebnis trüben konnten.
Häufige Kritikpunkte betreffen die moderate Reichweite im Realbetrieb sowie die Ladeleistung, welche im aktuellen Wettbewerbsumfeld nicht mehr führend ist. Auch die Fahrwerksabstimmung und das Lenkgefühl spalten die Meinungen der Tester, während die hohe Sitzposition vorn durchweg moniert wurde. Trotz dieser kleineren Schwächen ist der Ariya ein solides und sicheres Fahrzeug, das den ADAC-Test mit einer Gesamtnote von "gut" (2,0) abschloss. Er stellt eine attraktive Option für Käufer dar, die Design, Komfort und umfassende Sicherheitsausstattung schätzen, auch wenn sie bei reiner Lade- und Reichweitenperformance Kompromisse eingehen.