Einleitung

Der Land Rover Defender, eine Ikone des Automobilbaus, erfährt nach über 70 Jahren eine tiefgreifende Neuentwicklung. Während der Vorgänger für Purismus und Abenteuer stand, verkörpert die Neuauflage eine Symbiose aus traditioneller Geländetauglichkeit und modernem Komfort. Produziert in Nitra/Slowakei, bleibt der neue Defender seiner markanten, kastenförmigen Grundform treu, integriert jedoch zeitgemäße Technik und Materialien, um sowohl auf der Straße als auch im Gelände zu überzeugen.

Design & Verarbeitung

Das Design des neuen Defenders ist eine gelungene Hommage an seinen Vorgänger. Markante Elemente wie die gerade Motorhaube, die runden Scheinwerfer, die Seitenfenster am Dach („Alpine-Fenster“) und die seitlich angeschlagene Hecktür mit aufgesetztem Ersatzrad sind sofort erkennbar. Trotz seiner robusten Optik wurde die Aerodynamik erheblich verbessert (cW-Wert von 0,38 gegenüber 0,62/0,71 beim Alten), was den modernen Motoren zugutekommt. Im Innenraum setzt sich das zweckorientierte Design fort. Unkaschierte Befestigungen und gummierte, leicht abwaschbare Oberflächen verleihen dem Interieur eine robuste Anmutung, während das Gesamtbild überraschend stilvoll, fast minimalistisch wirkt. Die Verarbeitung wirkt hochwertig und auf Langlebigkeit ausgelegt.

Der Defender ist in verschiedenen Karosserievarianten erhältlich: als kompakter Dreitürer Defender 90 (mit bis zu sechs Sitzplätzen), als vielseitiger Fünftürer Defender 110 (fünf, sechs oder 5+2 Sitze) und als extralanger Defender 130 (neu bis zu acht Sitzplätze, unveränderter Radstand zum 110er, aber 34 cm länger). Das Reserverad an der Hecktür verlängert das Fahrzeug zusätzlich. Mit einer Höhe von meist unter zwei Metern passt der neue Defender nun auch in die meisten Parkhäuser, was für den Vorgänger undenkbar war.

Innenraum & Komfort

Der Innenraum des neuen Defenders ist im Vergleich zum Vorgänger kaum wiederzuerkennen und bietet deutlich mehr Platz und Komfort. Die Sitzposition wurde ergonomisch optimiert, sodass Fahrer nun bequem Platz finden, ohne mit der Türverkleidung in Kontakt zu treten. Auch hinten ist das Platzangebot für Beine und Kopf fürstlich, selbst im 110er und 130er mit seinen bis zu acht Sitzplätzen. Die Sitze selbst sind bequem und sesselartig, wenngleich sie nicht übermäßig viel Seitenhalt bieten.

Praktische Details sind das optional erhältliche Klappsitz in der ersten Reihe, das einen dritten Sitzplatz vorne ermöglicht, sowie die gummierten, abwaschbaren Oberflächen, die den Defender extrem alltagstauglich und pflegeleicht machen. Ablagen, Fächer und reichlich USB- sowie 12-Volt-Anschlüsse sind im gesamten Fahrzeug verteilt, um moderne Geräte zu versorgen. Das Kofferraumvolumen ist beeindruckend: Der 110er bietet bis zu 1946 Liter und der 130er bis zu 2291 Liter bei umgelegter Rücksitzbank. Auch die hohe Dachlast (bis zu 300 kg) und Anhängelast (bis zu 3500 kg) unterstreichen die Praktikabilität des Defenders.

Infotainmentsystem

Mit dem neuen Infotainmentsystem Pivi Pro hält modernste Konnektivität Einzug in den Defender. Das System, bedienbar über einen 10,0- oder 12,3-Zoll-Touchscreen, reagiert flott und ist intuitiver als frühere Land Rover Systeme. Es ermöglicht die gleichzeitige Einbindung von zwei Smartphones und bietet Over-the-Air-Updates. Das volldigitale Kombiinstrument ist gut ablesbar, wenn auch gewöhnungsbedürftig in der Bedienung über Lenkradtasten.

Besonders innovativ ist die „ClearSight Ground View“-Kamera, die den Bereich direkt vor den Vorderrädern auf dem Touchscreen anzeigt und quasi die Motorhaube transparent macht – ein enormer Vorteil im Gelände. Auch der digitale Innenspiegel, der Bilder einer dachmontierten HD-Kamera einblendet, trägt zur verbesserten Übersicht bei. Einige Kritiker bemängeln jedoch die verworrene Menüführung und die eigensinnige Kartendarstellung des Navis, was die Bedienung mitunter herausfordernd gestalten kann.

Antrieb & Fahrverhalten

Der Land Rover Defender ist mit einer Vielzahl moderner Motoren erhältlich, gekoppelt an eine formidable 8-Gang-Automatik von ZF. Das Spektrum umfasst:

  • Benziner: Vierzylinder mit 300 PS (P300), Sechszylinder-Mild-Hybrid mit 400 PS (P400) und einen V8 mit 500/525 PS, die sportliche Fahrleistungen bieten, aber einen hohen Verbrauch aufweisen.
  • Diesel: Mild-Hybrid-Sechszylinder mit 200 PS (D200), 249 PS (D250) und 300 PS (D300), die einen ausgewogenen Kompromiss aus Kraft und Effizienz bieten.
  • Plug-in-Hybrid (P400e): Kombiniert einen 300 PS Vierzylinder-Turbobenziner mit einem E-Motor für eine Systemleistung von 404 PS. Bietet eine rein elektrische Reichweite von etwa 43-48 km, was für den Stadtbereich vorteilhaft ist.

Das Fahrverhalten wurde dramatisch verbessert. Dank der neuen Alu-Monocoque-Plattform, Einzelradaufhängung und optionaler Luftfederung bietet der Defender einen hervorragenden Fahrkomfort, schluckt Unebenheiten souverän und zeigt kaum Wankbewegungen. Die Lenkung arbeitet präzise, und der Wagen ist selbst bei höheren Geschwindigkeiten auf der Autobahn stabil und leise (bis ca. 100 km/h). Der Defender ist nun agiler und lässt sich auch auf kurvigen Straßen flott bewegen, was für den Vorgänger undenkbar war.

Seine Offroad-Fähigkeiten bleiben unerreicht. Mit permanentem Allradantrieb, zweistufigem Verteilergetriebe, optionalen Differenzialsperren, bis zu 291 mm Bodenfreiheit und einer Wattiefe von bis zu 900 mm ist er im Gelände äußerst kompetent. Das „Terrain-Response“-System mit zahlreichen Geländeprogrammen erleichtert die Bewältigung schwieriger Passagen, wodurch selbst unerfahrene Fahrer Offroad-Abenteuer meistern können.

Ein signifikanter Kritikpunkt ist die schwache Bremsleistung. Trotz scheinbar ausreichender Bremsanlage zeigt der Defender in Tests alarmierend lange Bremswege (z.B. über 70 Meter aus 130 km/h und 40,9 Meter aus 100 km/h). Dies wird auf die harmonische ABS-Abstimmung zur Vermeidung von Instabilität und die serienmäßige Allwetterbereifung (Pirelli Scorpion Zero) zurückgeführt, die zudem keine Zulassung für winterliche Bedingungen (Schneeflocken-Symbol) besitzt. Dies ist ein erheblicher Mangel, der dringend verbessert werden sollte.

Verbrauch & Unterhalt

Der Land Rover Defender ist kein sparsamer Geselle. Die Benziner weisen einen hohen Kraftstoffverbrauch auf (z.B. P400: 9,6–9,9 l/100km WLTP, real oft mehr; P400e: 4,1l/100km und 28,6 kWh/100km im Test von Auto Motor und Sport). Die Diesel sind sparsamer (D200/D240: ca. 7,5–7,8 l/100km WLTP, real 1-2 Liter mehr). Dies spiegelt sich in den monatlichen Unterhaltskosten wider, die inklusive Kraftstoff, Wartung und Versicherung bei 15.000 km Jahresfahrleistung schnell über 300 Euro (ohne Wertverlust) liegen können. Die Preise für den Defender sind hoch: Das Basismodell Land Rover Defender 90 startet bei etwa 63.600 Euro, der 110er bei 67.200 Euro und der 130er bei 89.500 Euro. Mit zahlreichen Optionen und Zubehörpaketen (Explorer, Adventure, Country, Urban) kann der Preis schnell über 100.000 Euro steigen, was den Defender aus dem Bereich eines bezahlbaren Nutzfahrzeugs in das Premiumsegment verschiebt.

Sicherheit & Assistenzsysteme

Der neue Defender ist mit einer umfassenden Palette moderner Sicherheits- und Assistenzsysteme ausgestattet. Dazu gehören unter anderem:

  • Adaptiver Tempomat
  • Kollisionswarner
  • Toter-Winkel-Spurassistent
  • Rückwärts-Kollisionswarner
  • Türöffnungs-Toter-Winkel-Warner

Diese Systeme tragen maßgeblich zur Sicherheit und zum Fahrkomfort bei. Jedoch trübt die bereits erwähnte unzureichende Bremsleistung das Gesamtbild der aktiven Sicherheit erheblich. Hier besteht dringender Nachbesserungsbedarf, um das hohe Sicherheitsniveau der Assistenzsysteme zu ergänzen.

Fazit

Der neue Land Rover Defender ist ein rundum gelungenes Fahrzeug, das moderne Anforderungen an Komfort, Technik und Alltagstauglichkeit mit seinen legendären Offroad-Fähigkeiten vereint. Er ist nun ein hervorragender Reisewagen, der auf Asphalt geschmeidig und präzise fährt und im Gelände nach wie vor Maßstäbe setzt. Das moderne Infotainment-System Pivi Pro, das geräumige Interieur und die kraftvollen Motoren tragen zum positiven Gesamteindruck bei.

Allerdings hat der Generationswechsel den Defender auch in eine höhere Preisklasse gehoben und ihn von seinem ursprünglichen Image als puristisches, bezahlbares Arbeitsgerät entfernt. Die aufwendige Technik widerspricht zudem dem Gedanken des einfachen Einsatzes fernab von Diagnosegeräten. Der größte und am häufigsten genannte Kritikpunkt ist jedoch die schwache Bremsleistung, ein Sicherheitsmangel, der Land Rover dringend beheben sollte. Trotzdem bleibt der Defender ein faszinierendes, vielseitiges und äußerst fähiges Fahrzeug, das seinen Kultstatus zu Recht weiterführt, auch wenn er eine neue Interpretation davon darstellt.