EinleitungDer Kia Niro EV (64,8 kWh) präsentiert sich als eine überzeugende elektrische Alternative im Kompakt-Crossover-Segment. Während der Hyundai-Konzern mit 800-Volt-Modellen wie dem EV6 für Furore sorgt, beweist der Niro EV, dass auch Fahrzeuge auf einer Misch-Plattform ihre Berechtigung haben. Er wird vom ADAC mit der Gesamtnote 1,9 bewertet und gilt als ausgewogenes, familientaugliches Alltagsauto, das mit einer sehr umfangreichen Serienausstattung und einer großzügigen Garantie überzeugt. Der Niro EV steht für eine gute Balance aus Praktikabilität, Effizienz und Komfort.

Design & VerarbeitungOptisch hat sich der Kia Niro EV deutlich vom Vorgänger abgesetzt und präsentiert sich mit einem modernen, stilsicheren Design, das Elemente des größeren EV6 aufnimmt. Trotz seiner gewachsenen Abmessungen (Länge +65 mm, Radstand und Breite +20 mm) wirkt er nicht übertrieben wuchtig und fügt sich nahtlos ins Kompakt-SUV-Segment ein. Die Verarbeitung wird im Allgemeinen als solide beschrieben (ADAC Note 2,4). Während einige Kritiker die Verwendung einfacherer Materialien im Innenraum bemängeln, wird die Qualität insgesamt als überdurchschnittlich wahrgenommen. Design-Merkmale wie der “Frunk” (20 Liter) unter der Motorhaube für Ladekabel und Pannenset tragen zur Alltagstauglichkeit bei.

Innenraum & KomfortDas Interieur des Niro EV ist komplett neu gestaltet und profitiert von einer modernen Architektur mit integriertem Panorama-Display. Das Platzangebot ist für ein Kompakt-SUV sehr gut, insbesondere vorn (ADAC: 2,0). Auch auf den Rücksitzen ist ausreichend Beinfreiheit für Erwachsene vorhanden, was auch den schlankeren Vordersitzen zu verdanken ist. Praktische USB-C-Anschlüsse in den Vordersitzlehnen für die Fondpassagiere sind ein willkommenes Feature. Das Kofferraumvolumen ist mit 475 bis 1.392 (ADAC) bzw. 1.393 Litern (Autozeitung) und einem zusätzlichen 20-Liter-Frunk großzügig bemessen. Ein Kritikpunkt ist der durch die Batterie bedingte relativ hohe Fahrzeugboden auf der Rücksitzbank, der zu einem spitzeren Kniewinkel führen kann. Der Fahrkomfort ist insgesamt gut, jedoch wird das Abrollverhalten auf unebenem Untergrund von einigen Testern als etwas straff oder unsensibel beschrieben. Auch Windgeräusche bei höheren Geschwindigkeiten werden vereinzelt erwähnt.

InfotainmentsystemDer Niro EV übernimmt die moderne Display-Landschaft des EV6 mit zwei 10,25-Zoll-Displays. Die Bedienbarkeit ist intuitiv, und viele oft genutzte Funktionen sind weiterhin über mechanische Schalter und Regler erreichbar. Lob erhält das Multifunktionslenkrad für seine schnelle Erlernbarkeit und die Möglichkeit, wichtige Funktionen wie Fahrmodi und Rekuperationsstufen direkt zu steuern. Eine Besonderheit ist die kombinierte Steuerung von Klima und Sound über ein schmales Digitalfeld in der Mittelkonsole, die nicht unumstritten ist. Das klare, mehrfarbige Head-up-Display überzeugt, wenngleich die Verkehrsschilderkennung noch Verbesserungspotenzial aufweist. Die Sprachbedienung wird als exzellent und schnell beschrieben. Navigationsbasierte Batterievorkonditionierung für optimiertes Schnellladen ist serienmäßig an Bord, während eine automatische Laderoutenplanung per Over-the-Air-Update nachgereicht werden soll.

Antrieb & FahrverhaltenDer Kia Niro EV wird von einem 150 kW (204 PS) starken Elektromotor an der Vorderachse angetrieben, der ein Drehmoment von 255 Nm liefert. Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 7,8 Sekunden und die Höchstgeschwindigkeit von 167 km/h reichen für den Alltag und bieten ausreichend Temperament für Überholvorgänge. Der Einfluss des Drehmoments auf die Lenkung bei starker Beschleunigung wurde im Vergleich zum Vorgänger reduziert. Besonders hervorzuheben ist die Effizienz des Antriebs: Der WLTP-Verbrauch liegt bei 16,2 kWh/100 km, im ADAC EcoTest wurden 17,9 kWh/100 km (inkl. Ladeverluste) gemessen. Testergebnisse im realen Betrieb lagen sogar bei 14,2 kWh/100 km auf Landstraßen und pendelten sich bei 12 kWh (Stadt) bis 20 kWh (Autobahn) ein. Über Schaltpaddels am Lenkrad lassen sich vier Rekuperationsstufen wählen, bis hin zum One-Pedal-Fahren, das bis zum Stillstand abbremst. Die Fahrmodi Eco, Normal, Sport und Schnee passen das Ansprechverhalten an; im Sportmodus werden Lenkung und Beschleunigung straffer. Insgesamt wird das Fahrverhalten als gut beherrschbar und unaufgeregt, aber dennoch dynamisch bezeichnet.

Verbrauch & UnterhaltDer niedrige Stromverbrauch des Kia Niro EV führt im ADAC EcoTest zu einem Fünf-Sterne-Ergebnis. Die WLTP-Reichweite liegt bei 460 km, innerorts sind sogar über 600 km möglich, was den Niro EV auch für Pendler ohne eigene Lademöglichkeit interessant macht. Praktisch im Alltag ist der serienmäßige 11-kW-Dreiphasen-Bordlader, der das Laden an AC-Wallboxen deutlich beschleunigt (ca. 6,5 Stunden für 100 %). Die maximale DC-Schnellladeleistung beträgt 80 kW, was im Vergleich zu Konkurrenten wie dem Kia EV6 (bis zu 240 kW) als begrenzt angesehen wird. Eine Ladung von 10 auf 80 Prozent dauert rund 45 Minuten. Trotz dieser Einschränkung bei der Schnellladeleistung auf Langstrecken, ist der Niro EV dank seines sparsamen Verbrauchs und der 750 kg Anhängelast ein vielseitiges Fahrzeug. Der Grundpreis für die zum Marktstart einzige Ausstattung